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COVID-19 Update: Arbeitsrecht

25.01.2021 - Lesezeit: 5 Minuten

AutorIn

Monika Sturm

Partnerin

Florian Dauser

Rechtsanwalt

Die Maßnahmen zur Abfederung der Folgen der Bekämpfung der Ausbreitung des Coronavirus betreffen im Bereich des Arbeitsrechts vor allem die Kurzarbeit und die Sonderbetreuungszeit.

Kurzarbeit

Die am 1.10.2020 vom Arbeitsmarktservice erlassene Bundesrichtlinie Kurzarbeitsbeihilfe (KUA-COVID-19) regelt die Kurzarbeit (befristete Herabsetzung der Normalarbeitszeit) im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme und Gewährung der Kurzarbeitsbeihilfe an Unternehmen für die Leistung von Kurzarbeitsunterstützung an Arbeitnehmer wegen Arbeitszeitausfalles in Form von Ausfallstunden. Der Zugang zur Kurzarbeit wird erleichtert und ihr Anwendungsbereich erweitert.

Die wesentlichen Aspekte bei der Kurzarbeit sind im Einzelnen: 

  • Der Kurzarbeitszeitraum wird ab 1.10.2020 auf höchstens sechs Monate verlängert.
  • Binnen 48 Stunden ab Vorliegen einer Betriebsvereinbarung über Kurzarbeit (in Betrieben ohne Betriebsrat ab Vorliegen der Einzelvereinbarungen mit den Arbeitnehmern) werden die Sozialpartner eine Vereinbarung über die Kurzarbeit abschließen. Diese Vereinbarung ist Voraussetzung für die Unterstützung der Kurzarbeit durch das Arbeitsmarktservice.
  • Für den Zugang zur Kurzarbeit muss eine zusätzliche wirtschaftliche Begründung erbracht werden; dafür steht ein gesondertes Formular zur Verfügung, in dem Kennzahlen wie die Bewilligung anderer Förderungen, Umsatzentwicklung vor Kurzarbeit und Prognose für den beantragten Zeitraum, abgefragt werden. Wenn die Kurzarbeit für mehr als fünf Arbeitnehmer beantragt wird, muss eine Bestätigung der Angaben von einem Steuerbera-ter/Bilanzbuchhalter/Wirtschaftsprüfer beigelegt werden. Für Unternehmen, die unmittelbar vom Lockdown betroffen sind (behördliche Schließung) oder Unternehmen, die Kurzarbeit nur für den Monat November 2020 beantragen, ist keine Bestätigung durch Steuerberater/Bilanzbuchhalter/Wirtschaftsprüfer erforderlich.
  • Förderbar sind Arbeitgeber, die im Betrieb im Sinne des ArbVG mit einem Betriebsstandort in Österreich Kurzarbeit durchführen, und alle arbeitslosenversicherungspflichtigen Arbeitnehmer und Lehrlinge, die ein aufrechtes Dienstverhältnis und einen voll entlohnten Kalendermonat vor Beginn der Kurzarbeit beim Arbeitgeber vorweisen können und wenn sie von der Sozialpartnervereinbarung umschlossen sind. Mitglieder geschäftsführender Organe sind förderbar, wenn sie nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) pflichtversichert sind. Einzelne Arbeitnehmergruppen können ausgenommen werden.
  • Die Dienstgeberbeiträge (mit Ausnahme des Beitrags zur betrieblichen Vorsorge) inklusive Lohnnebenkosten werden seit dem 1. Monat zur Gänze vom AMS übernommen.
  • Der Arbeitszeitausfall darf im Kurzarbeitszeitraum durchschnittlich nicht unter zwanzig Prozent und nicht über siebzig Prozent - in Sonderfällen nicht über neunzig Prozent - der gesetzlich oder kollektivvertraglich festgelegten oder, bei Teilzeitbeschäftigten, der vertraglich vereinbarten Normalarbeitszeit betragen; zeitweise Arbeitszeitausfälle von bis zu hundert Prozent sind zulässig. Wer bereits einen Antrag für die Kurzarbeit Phase 3 (ab Oktober) gestellt hat, kann nachträglich einen Antrag auf Senkung der durchschnittlichen Arbeitszeit auf 10% stellen. Die Genehmigung eines Kurzarbeitsfalles mit einem geplanten Arbeitszeitausfall von durchschnittlich mehr als 90% ist nur möglich, für Betriebe der ÖNACE 2008 Klassifikationen, wenn und soweit sie während des Lockdowns weniger als 10% arbeiten. Bei einem Arbeitszeitausfall über 70% bedarf es der expliziten Zustimmung der kollektivvertragsfähigen Körperschaften. Ein Arbeitszeitausfall von hundert Prozent ist innerhalb des Kurzarbeitszeitraums möglich.
  • Die ausgefallene Arbeitszeit kann für Fortbildungen genutzt werden. Für Lehrlinge in Kurzarbeit besteht für die Zeit des Lockdowns keine Ausbildungsverpflichtung.
  • Der Arbeitgeber muss sich darum bemühen, dass Alturlaub und Zeitguthaben vor oder während der Kurzarbeit verbraucht werden. Der Arbeitgeber muss nachweisen können, dass er sich redlich um den Verbrauch von Urlaubsansprüchen vergangener Urlaubsjahre sowie Zeitguthaben bemüht hat. Falls Alturlaube und Zeitguthaben bereits abgebaut ist, soll während der Kurzarbeit tunlichst eine Woche des laufenden Urlaubs konsumiert werden.
  • Der vereinbarte Beschäftigtenstand ist grundsätzlich während der Kurzarbeit und in einem allenfalls darüber hinaus zusätzlich vereinbarten Zeitraum nach deren Beendigung (Behaltefrist) aufrecht zu erhalten.
  • Lohnerhöhungen (bspw durch KV-Erhöhungen, Biennalsprünge) werden künftig bei der Berechnung des Entgelts während der Kurzarbeit miteinbezogen.
  • Seit 01.01.2021 richtet sich der Beitrag des Arbeitnehmers zur Arbeitslosenversicherung während der Kurzarbeit nach dem der verringerten Arbeitszeit entsprechenden Entgelt einschließlich der Kurzarbeitsunterstützung.
  • Der Arbeitgeber hat die Kosten der Arbeitsleistung der kurzarbeitenden Personen zu übernehmen. Die Kurzarbeitsbeihilfe gewährleistet ein Mindestnettoentgelt gemäß nachfolgender Staffelung:
    • bei einem Bruttoentgelt vor Kurzarbeit bis zu € 1.700,- in der Höhe von 90% des bisherigen Nettoentgeltes;
    • bei einem Bruttoentgelt bis zu € 2.685,- in der Höhe von 85% des bisherigen Nettoentgeltes;
    • bei einem Bruttoentgelt bis zu € 5.370,- in der Höhe von 80% des bisherigen Nettoentgeltes;
    • bei Lehrlingen in Höhe von 100 % der bisherigen Nettoentgeltes;
    • Für Einkommensanteile über € 5.370,- gebührt keine Beihilfe.
    • Eine freiwillige höhere Entlohnung ist möglich, sofern damit die Förderbedingungen in Einklang stehen.
  • Arbeitnehmer in vom Lockdown betroffenen Branchen erhalten vom Arbeitgeber einen Trinkgeldersatz von monatlich EUR 100,   netto; das AMS ersetzt diesen Trinkgeldersatz.
  • Das AMS ersetzt dem Arbeitgeber gemäß den in der Richtlinie festgelegten Pauschalsätzen die Kosten für die Ausfallstunden. Die Kurzarbeitsunterstützung umfasst jedoch nur das Entgelt für die Normalarbeitszeit. Zulagen und Zuschläge sind dabei zu berücksichtigen, nicht jedoch Überstundenentgelte. Davon abweichend sind bei Beginn der Kurzarbeit nicht widerrufene Überstundenpauschalen, unwiderrufliche Überstundenpauschalen und Anteile von All inclusive-Entgelten, die der Abgeltung allfälliger Überstundenleistungen gewidmet sind, in die Berechnungsgrundlage einzubeziehen.
  • Die im Abrechnungsmonat maximal verrechenbaren Ausfallstunden ergeben sich aus der Summe der kollektivvertraglichen Normalarbeitszeitstunden pro Abrechnungsmonat
    • abzüglich der im Abrechnungsmonat geleisteten bezahlten Arbeitsstunden (inkl. der im Abrechnungszeitraum angefallenen Überstunden, des konsumierten Urlaubs, des konsumierten Zeitguthabens und sonstiger Dienstverhinderungen), jedoch ohne betrieblich angeordnete Zeiten für Aus- und Weiterbildung;
    • während eines Krankenstandes abzüglich der für diesen Zeitraum tatsächlich vorgesehenen Arbeitsstunden; sowie
    • während Entgeltfortzahlungen gemäß § 1155 Abs 3 ABGB abzüglich der für diesen Zeitraum tatsächlich vorgesehenen Arbeitsstunden;
    ergeben.

Arbeitsbedingungen

Die berufliche Tätigkeit soll während dem Lockdown „vorzugsweise“ außerhalb der Arbeitsstätte erfolgen, sofern dies möglich ist und Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Arbeitsverrichtung außerhalb der Arbeitsstätte ein Einvernehmen finden.
Am Ort der beruflichen Tätigkeit ist ein Abstand von mindestens zwei Metern einzuhalten und in geschlossenen Räumen eine Mund- und Nasenbereich abdeckende und enganliegende mechanische Schutzvorrichtung (Maske) zu tragen, wenn physischer Kontakt nicht ausgeschlossen ist oder das Infektionsrisiko durch sonstige Maßnahmen nicht minimiert werden kann (Bildung fester Teams, Anbringung von Trennwänden etc). Zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern können strengere Vereinbarungen zum Tragen von Masken getroffen werden. Zusätzlich zu diesen Maßnahmen dürfen

  • Arbeitnehmer elementarer Bildungseinrichtungen, die im Rahmen der Betreuung und Förderung in unmittelbarem Kontakt mit Kindern stehen;
  • Lehrer, die in unmittelbarem Kontakt mit Schülern stehen;
  • Arbeitnehmer in Bereichen der Lagerlogistik, in denen der Mindestabstand von zwei Metern regelmäßig nicht eingehalten werden kann;
  • Arbeitnehmer mit unmittelbarem Kundenkontakt; sowie
  • Personen, die im Parteienverkehr in Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichten tätig sind

Arbeitsorte nur betreten, wenn spätestens alle sieben Tage ein Antigen-Test auf SARS-CoV 2 oder ein molekularbiologischer Test auf SARS-CoV-2 durchgeführt wird, dessen Ergebnis negativ ist. Darüber ist gegenüber dem Arbeitgeber ein Nachweis vorzuweisen und für die Dauer von sieben Tagen bereitzuhalten. Kann dieser Nachweis nicht vorgewiesen werden, ist bei Kundenkontakt, bei Kontakt mit Kindern oder Schülern sowie bei Parteienverkehr und in der Lagerlogistik eine Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 (FFP2 Maske) ohne Ausatemventil oder eine äquivalente bzw einem höheren Standard entsprechende Maske zu tragen.

Zusammenkünfte nach dem Arbeitsverfassungsgesetz (bspw Betriebsversammlung) sind auch während dem Lockdown zulässig, wenn diese unaufschiebbar sind und nicht in digitaler Form abgehalten werden können.

Sonderbetreuungszeiten

Durch § 18b Abs 1 AVRAG in der Fassung BGBl I Nr. 131/2020 haben Arbeitnehmer nunmehr Anspruch auf Sonderbetreuungszeit im Ausmaß von bis zu vier Wochen wenn folgende Voraussetzungen vorliegen: 

  • für die notwendige Betreuung von Kindern bis zum vollendeten 14. Lebensjahr, für die eine Betreuungspflicht besteht, ab dem Zeitpunkt der behördlichen Schließung von Lehranstalten und Kinderbetreuungseinrichtungen. Der Arbeitnehmer hat den Arbeitgeber unverzüglich nach Bekanntwerden der Schließung zu verständigen und alles Zumutbare zu unternehmen, damit die vereinbarte Arbeitsleistung zustande kommt; oder
  • wenn ein Kind bis zum vollendeten 14. Lebensjahr, für das eine Betreuungspflicht besteht, nach § 7 Epidemiegesetz 1950, abgesondert wird; oder
  • wenn eine Betreuungspflicht für Menschen mit Behinderungen besteht, die in einer Einrichtung der Behindertenhilfe oder einer Lehranstalt für Menschen mit Behinderungen bzw einer höher bildenden Schule betreut oder unterrichtet werden, und diese Einrichtung auf Grund behördlicher Maßnahmen teilweise oder vollständig geschlossen wird, oder auf Grund freiwilliger Maßnahmen die Betreuung von Menschen mit Behinderung zu Hau-se erfolgt; oder
  • für Angehörige von pflegebedürftigen Personen, wenn deren Pflege oder Betreuung in Folge des Ausfalls einer Betreuungskraft nach dem Hausbetreuungsgesetz, nicht mehr sichergestellt ist; oder
  • für Angehörige von Menschen mit Behinderungen, die persönliche Assistenz in Anspruch nehmen, wenn die persönliche Assistenz in Folge von COVID-19 nicht mehr sichergestellt ist.Arbeitgeber haben Anspruch auf Vergütung des in der Sonderbetreuungszeit an die Arbeitnehmer gezahlten Entgelts durch den Bund. Der Anspruch ist mit der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage nach dem ASVG (EUR 5.550,--) gedeckelt.

Arbeitszeit und Arbeitsruhe

Hinzuweisen ist im Bereich des Arbeitszeitrechts (§ 20 Abs 1 AZG, § 8 Abs 1 KA-AZG) und des Arbeitsruhegesetzes (§ 11 Abs 1 Z 1 ARG) auf die Ausnahmebestimmungen in außergewöhnlichen Fällen. Es wurde zudem festgelegt, dass Arbeitnehmer in der erforderlichen Anzahl während der Wochenend- und Feiertagsruhe mit Lieferservice- und Güterbeförderungstätigkeiten im Bereich Lebensmittelhandel sowie Drogerien und Drogeriemärkten beschäftigt werden dürfen. 

Entgeltfortzahlung

Maßnahmen aufgrund des COVID-19-Maßnahmengesetzes, die zum Verbot oder zu Einschränkungen des Betretens von Betrieben führen, verpflichten den Arbeitgeber zur Entgeltfortzahlung, wenn die Arbeitnehmer ihre Dienstleistungen aufgrund der Maßnahmen nicht mehr erbringen können. Auf Verlangen des Arbeitgebers müssen die Arbeitnehmer in dieser Zeit Urlaubs- und Zeitguthaben im Ausmaß von maximal 8 Wochen verbrauchen, wobei Urlaubsansprüche aus dem laufenden Urlaubsjahr nur im Ausmaß von bis zu 2 Wochen verbraucht werden müssen. Von der Verbrauchspflicht sind solche Zeitguthaben ausgenommen, die auf der durch kollektive Rechtsquellen geregelten Umwandlung von Geldansprüchen beruhen. Diese Regelung lässt zahlreiche Fragen offen. So ist beispielsweise unklar, was gilt, wenn Arbeitnehmer etwa bereits Sommerurlaub vereinbart und keinen Resturlaub mehr offen haben.

Arbeitsunfälle

Weiters gelten Unfälle bis 31.3.2021 während Telearbeit (Homeoffice) als Arbeitsunfälle.

Angleichung Arbeiter / Angestellte

Die Angleichung der Kündigungsfristen von Arbeiter an Angestellte wird aufgrund der COVID-19-Krise auf 1.7.2021 verschoben. Mit der Verschiebung gelten die verlängerten Kündigungsfristen für Arbeiter erst für Beendigungen von Dienstverhältnissen, die nach dem 30. Juni 2021 ausgesprochen werden. Auf Beendigungen von Dienstverhältnissen von Arbeitern, die vor dem 1. Juli 2021 ausgesprochen wurden, sind die derzeit geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.

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Monika Sturm

Partnerin

Florian Dauser

Rechtsanwalt