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Zivilrechtliche Auswirkungen des Coronavirus

13.03.2020 - Lesezeit: 2 Minuten

Der Umgang mit der Ausbreitung des Virus und die (weltweiten) Regierungsmaßnahmen haben auch weitreichende Auswirkungen auf die österreichische Wirtschaft. Aus rechtlicher Sicht stellen sich in diesem Zusammenhang für Unternehmen insbesondere Fragen nach einer Haftung für die durch Lieferausfälle entstandenen Schäden, dem Auslösen von Vertragsstrafen und ob die eigenen Verpflichtungen erfüllt werden müssen bzw. inwieweit bestehende Verträge aufgelöst werden können/dürfen.

Der Ausbruch des Coronavirus wird – soweit zum jetzigen Zeitpunkt beurteilbar – wohl ein Fall der sogenannten „höheren Gewalt“ sein: Denn unter „höherer Gewalt“ sind – vereinfacht gesagt – unerwartete äußere Umstände zu verstehen, die eine Vertragspartei daran hindern, ihre vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen und nicht von ihr verursacht wurden. Auch der österreichische Oberste Gerichtshof („OGH“) hat bereits früher andere überraschend und flächendeckend auftretende Viruserkrankungen (wie beispielsweise SARS) als „höhere Gewalt“ eingestuft.

Wenngleich es im österreichischen Recht (im Gegensatz zu vielen anderen Rechtsordnungen wie bspw. in China) keine ausdrücklichen Regelungen für eine Haftung im Zusammenhang mit „höherer Gewalt“ gibt, bieten sich dennoch verschiedene rechtliche Ansatzpunkte:

  • Schuldnerverzug

Leistet der Lieferant / Hersteller („Schuldner“) nicht oder nicht rechtzeitig, ist er im sogenannten Schuldnerverzug. Trifft den Schuldner am Verzug jedoch kein Verschulden (weil beispielsweise „höherere Gewalt“ vorliegt oder behördliche Maßnahmen ihn an der Erfüllung hindern), handelt es sich grundsätzlich um einen sogenannten objektiven Verzug. In diesem Fall kann der Kunde („Gläubiger“) entweder einer späteren Leistungserbringung zustimmen oder unter Setzung einer angemessenen Nachfrist vom Vertrag zurücktreten. Schadenersatzansprüche hat der Gläubiger beim objektiven Verzug des Schuldners allerdings nicht. Handelt es sich um ein sogenanntes „Fixgeschäft“, fällt der Vertrag mit sofortiger Wirkung und ohne das Erfordernis einer Rücktrittserklärung weg (es sei denn, der Gläubiger erklärt unverzüglich, weiter an einer Erfüllung interessiert zu sein).

  • nachträgliche Unmöglichkeit der Leistung

Nachträglich unmöglich ist eine Leistung, wenn ihr in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht ein dauerhaftes Hindernis entgegensteht, sodass die Leistung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft nicht erbracht werden kann. Behördliche Verbote (wie beispielsweise derzeit für Veranstaltungen ab einer gewissen Personenanzahl) gelten als Hindernis im Sinne des Gesetzes. Nachträgliche Unmöglichkeit befreit den Schuldner von seiner Verpflichtung zur Leistungserbringung; diesfalls erlischt auch die Gegenleistungsverpflichtung (z.B. die Zahlungsverpflichtung) des Gläubigers. Hat der Schuldner die Unmöglichkeit nicht verschuldet oder aus anderen Gründen zu vertreten (beispielsweise aufgrund vertraglicher Bestimmungen), wird er auch nicht schadenersatzpflichtig. Bloß vorübergehende Unmöglichkeit begründet dagegen Verzug. Bei teilweiser Unmöglichkeit ist darauf abzustellen, ob die noch mögliche Teilerfüllung für den Gläubiger nach dem Vertragszweck noch von Interesse ist.

  • Wegfall der Geschäftsgrundlage

Ein Ereignis „höherer Gewalt“ kann unter Umständen auch zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage führen: Die Parteien gehen bei Vertragsabschluss zumeist vom Bestehen, Fortbestehen oder Eintritt bestimmter Umstände aus. Fallen solche angenommenen wesentlichen Geschäftsgrundlagen weg, kann unter Umständen die Aufhebung oder Anpassung des Vertrags erreicht werden.

Neben den gesetzlichen Ansatzpunkten muss allerdings auch beachtet werden, welche konkreten individuellen vertraglichen Bestimmungen zur Anwendung kommen; so beinhalten Liefer- und Handelsverträge oftmals sogenannte „Force majeure-Klauseln“, welche die Haftung, die Leistungsverpflichtung und/oder Schadenersatzsverpflichtungen, aber auch die Definition „höherer Gewalt“ unter Umständen abweichend von der dargestellten Rechtslage regeln.