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Update zu EU-Sanktionen gegen Russland

24.06.2022

AutorIn

Evelyne Schober

Associate

Seit Februar 2022 hat die Europäische Union diverse Sanktionspakete gegen Russland verhängt, darunter gezielte restriktive Maßnahmen gegen Einzelpersonen (individuelle Sanktionen), Wirtschaftssanktionen und diplomatische Maß-nahmen. Aufgrund der anhaltenden russischen Invasion verabschiedete die Europäische Union zuletzt Anfang Juni 2022 das 6. Sanktionspaket gegen Russland. Ein 7. Sanktionspaket wird zwar von einem Teil der Mitgliedstaaten gefordert, die Arbeiten hierzu dürften nach Medienberichten allerdings noch nicht begonnen haben.

Im Anschluss an unseren Blogbeitrag „EU-Sanktionen gegen Russland – Worauf man bei Geschäftsbeziehungen mit russischen Unternehmen achten muss“ geben wir hiermit ein Update zu den wichtigsten Neuerungen der EU-Sanktionen gegen Russland. 

Wirtschaftssanktionen

Die Europäische Union hat in der Vergangenheit vor allem eine Reihe von Einfuhr- und Ausfuhrbeschränkungen (insbesondere güter- und dienstleistungsbezogene Beschränkungen sowie regionale Sanktionen), Beschränkungen zum Zugang zum EU-Kapital- und Finanzmarkt sowie des Zahlungsverkehrs und Sanktionen im Straßenverkehr, Luftfahrtsektor sowie Seeverkehr gegen Russland verhängt.

Nunmehr wurde zur Beschränkung des Zugangs zum EU-Kapital- und Finanzmarkt sowie des Zahlungsverkehrs unter anderem die Entgegennahme von Einlagen russischer Staatsangehöriger oder in Russland ansässiger natürlicher Personen oder von in Russland niedergelassener juristischer Personen, Organisationen oder Einrichtungen verboten. Dieses Verbot besteht, sofern der Gesamtwert der Einlagen der genannten Personen pro Kreditinstitut EUR 100.000,-- übersteigt. Ein gleichgelagertes Verbot gilt im Zusammenhang mit Krypto-Wallets, Krypto-Konten oder der Krypto-Verwahrung, wenn der Gesamtwert der Kryptowerte pro Wallet, Konto oder Verwahrer EUR 10.000,-- übersteigt. Darüber hinaus wurden weitere russische Banken vom SWIFT abgekoppelt.

Die güterbezogenen Beschränkungen wurden unter anderem um Einfuhrverbote für Rohöl oder Erdölerzeugnisse gemäß Anhang XXV der Verordnung 833/2014 (geändert durch Anhang VI der Verordnung (EU) 2022/879), für Kohle oder andere feste fossile Brennstoffe gemäß Anhang XXII der Verordnung 833/2014 (geändert durch Anhang VI der Verordnung (EU) 2022/576) und für Gütern wie beispielsweise Kaviar, die Russland erhebliche Einnahmen erbringen, entsprechend Anhang XXI der Verordnung 833/2014 (geändert durch Anhang VI der Verordnung (EU) 2022/576), erweitert. Die Güter müssen dabei ihren Ursprung in Russland haben oder aus Russland ausgeführt werden.

Weiters wurde ein Ausfuhrverbot für bestimmte Güter gemäß Anhang XXXIII der Verordnung 833/2014 (geändert durch Anhang VI der Verordnung (EU) 2022/576), die zur Stärkung der industriellen Kapazitäten Russlands beitragen können, erlassen. Die umfangreiche Liste umfasst dabei unterschiedlichste Güter, unter anderem auch chemische Stoffe, wie Wasserstoff oder Stickstoff.

Die dienstleistungsbezogenen Beschränkungen wurden unter anderem auf die Bereitstellung bestimmter Trust- und treuhändischer Dienstleistungen für Treugeber oder Begünstigte die russische Staatsangehörige, in Russland ansässige bzw niedergelassene natürliche bzw juristische Personen, juristische Personen, deren Anteile zu über 50 % unmittelbar oder mittelbar von den zuvor beschriebenen Personen gehalten werden oder juristische Personen, die von den zuvor beschriebenen Personen kontrolliert werden oder Personen sind, die treuhändisch für die zuvor beschriebenen Personen handeln, erweitert. Eine Ausnahme besteht für Treugeber oder Begünstigte, die einen befristeten oder unbefristeten Aufenthaltstitel in einem Mitgliedstaat vorweisen können. Ebenso ist nunmehr die Erbringung von Dienstleistungen in den Bereichen Wirtschaftsprüfung einschließlich Abschlussprüfung, Buchführung und Steuerberatung sowie Unternehmens- und Public-Relations-Beratung für die russische Regierung oder in Russland niedergelassene juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen verboten.

Weiters ist es nunmehr verboten, unmittelbar oder mittelbar Geschäfte mit den in Anhang XIX der Verordnung 833/2014 gelisteten Personen (unter anderem Gazprom Neft, United Aircraft Corporation, usw) zu tätigen. Das Verbot gilt auch gegenüber juristischen Personen außerhalb der EU deren Anteile zu über 50 % unmittelbar oder mittelbar von einer der in Anhang XIX aufgeführten Organisationen gehalten werden und für juristische Personen, die im Namen oder auf Anweisung einer der vorgenannten Organisationen handelt. Eine Legaldefinition des Begriffes „Geschäft“ enthält die Verordnung 833/2014 nicht; der Begriff wird allerdings zur Erreichung des Ziels der Sanktionen weit auszulegen sein.

Auswirkungen der EU-Sanktionen auf Geschäftsbeziehungen bzw Transaktionen

Geschäftsbeziehungen von Kreditinstituten mit russischen Staatsangehörigen oder in Russland ansässigen natürlichen Personen oder von in Russland niedergelassenen juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen können von den Sanktionen betroffen sein: So besteht für Kreditinstitute insbesondere ein Verbot der Entgegennahme von Einlagen solcher Personen, wenn der Gesamtwert der Einlage EUR 100.000,-- übersteigt. Eine Ausnahme besteht für Personen mit einer befristeten oder unbefristeten Aufenthaltsgenehmigung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem dem EWR-Raum angehörenden Land oder der Schweiz. Weiters kann eine Genehmigung von der zuständigen Behörde (in Österreich handelt es sich dabei um die Österreichische Nationalbank) eingeholt werden. Da von diesem Verbot nicht nur ausdrücklich sanktionierte natürliche und juristische Personen, Organisationen und Einrichtungen, sondern vielmehr russische Staatsangehörige oder in Russland ansässige natürliche oder niedergelassene juristische Personen im Allgemeinen umfasst sind, sind österreichische Kreditinstitute zu einer verstärkten Prüfung der Staatsangehörigkeit und Ansässigkeit der Einleger bei der Entgegennahme von Einlagen angehalten.

Das Ölembargo wird schrittweise eingeführt: Bei auf dem Seeweg eingeführtem Rohöl sind Kassageschäfte und die Erfüllung bereits bestehender Verträge während eines Zeitraums von sechs Monaten noch zulässig, bei Erdölerzeugnisse während eines Zeitraums von acht Monaten.

Transaktionen, die den neuen güterbezogenen Beschränkungen unterliegen, sind grundsätzlich verboten und können sich damit auf heimische Geschäftsbeziehungen bzw Transaktionen auswirken. Ausnahmen von den Verboten gelten vor allem für die Erfüllung von Verträgen, die vor dem 9.4.2022 abgeschlossen wurden und bis längstens 10.7.2022 (im Hinblick auf das Einfuhrverbot von Gütern, die Russland erhebliche Einnahmen erbringen sowie das Ausfuhrverbot) oder 10.8.2022 (im Hinblick auf das Einfuhrverbot von Kohle oder anderer fester fossiler Brennstoffe) erfüllt werden.

Das Verbot der Unterhaltung von Geschäftsbeziehungen mit bestimmten in Anhang XIX der Verordnung 833/2014 gelisteten Personen wirkt sich ebenso auf die heimische Wirtschaft aus. Es bestehen jedoch vor allem folgende Ausnahmen von diesem Verbot. Folgende Transaktionen sind erlaubt:

  1.  Die Entgegennahme von Zahlungen von gelisteten Personen aufgrund von Verträgen, die vor dem 15.5.2022 ausgeführt wurden.
  2. Transaktionen, die für den Kauf, die Einfuhr oder die Beförderung von fossilen Brennstoffen (insbesondere Erdöl und Erdgas) aus oder durch Russland unbedingt erforderlich sind. Diese Ausnahme gilt im Fall von Kohle bis zum 10.8.2022.
  3. Transaktionen im Zusammenhang mit Energieprojekten außerhalb Russlands, bei denen eine gelistete Person Minderheitsgesellschafter ist.

Sanktionierte natürliche und juristische Personen, Organisationen und Einrichtungen sollen insbesondere durch das Einfrieren ihrer Gelder (dabei handelt es sich um Vermögenswerte und Vorteile jeder Art) getroffen werden. Diesen Personen dürfen daher keine dieser Gelder zur Verfügung gestellt werden. Die entsprechenden Sanktionslisten werden kontinuierlich aktualisiert, weshalb heimische Unternehmen diese weiterhin laufend zu überprüfen haben, bevor Gelder an potentiell genannte Personen überwiesen werden.

AutorIn

Evelyne Schober

Associate