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Neue EU-Sanktionen gegen Russland mit Anleihen aus den USA

12.10.2022

AutorIn

Peter Blaschke

Rechtsanwalt

Evelyne Schober

Associate

Ein Ende des Russland-Ukraine-Krieges ist weiterhin nicht in Sicht. Nach der neuerlichen Eskalation durch die russische Annexion vier ukrainischer Regionen hat die Europäischen Union mit ihrem 8. Sanktionspaket reagiert. Neu daran ist, dass der Druck zur Einhaltung der Sanktionen ausgebaut wird.

Sanktionenbrecher können selbst zu sanktionierten Personen werden

Obwohl ein Verstoß gegen Sanktionen mit zum Teil hohen Strafdrohungen verbunden ist, wurde dieses Risiko von manchen in Kauf genommen, um wirtschaftliche Vorteile zu erlangen. Dem wird mit dem 8. Sanktionspaket entschlossen entgegengesteuert.

Nunmehr können Personen, Einrichtungen und Organisationen, die gegen EU-Sanktionen verstoßen oder Verstöße gegen EU-Sanktionen erleichtern, selbst in die List der sanktionierten Personen, Einrichtungen und Organisationen der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 aufgenommen werden. Diese Maßnahme ist dem Recht der USA entnommen, wo sie schon seit längerem existiert. Voraussetzung ist, dass die jeweilige Person ein EU-Staatsangehöriger oder in der EU ansässig ist.

Mit dieser Maßnahme erfolgt somit eine drastische Erweiterung der Strafdrohungen gegen Sanktionsverstöße. Eine Aufnahme in die Liste der sanktionierten Personen hat nämlich zur Folge, dass einerseits sämtliche Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen der gelisteten Person eingefroren werden und es andererseits EU-BürgerInnen sowie EU-Unternehmen untersagt ist, der gelisteten Person (unmittelbar oder mittelbar) Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Sanktionsverstöße können also nunmehr zu weitreichenden Konsequenzen für den laufenden Geschäftsbetrieb führen. 

Der tägliche Rechtsverkehr wird zudem zusätzlich belastet, weil nunmehr auch Rechtsgeschäfte mit in der EU ansässigen Personen oder Unternehmen daraufhin geprüft werden müssen, ob es sich um eine sanktionierte Person handelt.

Rückzug aus russischen Leitungsgremien

Die Maßnahmen im 8. Sanktionspaket zielen auch darauf ab, russischen Unternehmen wichtiges Know-how zu entziehen. Im Zusammenhang mit russischen staatseigenen Unternehmen ist es EU-BürgerInnen fortan verboten, Posten in Leitungsgremien zu bekleiden. 

Dieses Verbot bezieht sich dabei nicht nur auf die in Anhang XIX der Verordnung (EU) 833/2014 angeführten staatseigenen Unternehmen (z.B. GAZPROM NEFT, TRANSNEFT, etc), sondern darüber hinaus auch auf staatlich kontrollierte juristische Personen, wenn es sich um außerhalb der EU niedergelassene Tochtergesellschaften der gelisteten staatseigenen Unternehmen handelt, sowie auf juristische Personen, die im Namen und auf Anweisung eines gelisteten staatseigenen Unternehmens oder deren außerhalb der EU niedergelassene Tochtergesellschaften handeln.

Personen, die Posten in Leitungsgremien innehaben, werden daher zu prüfen haben, ob sie weiterhin in diesen Gremien verbleiben können. Nicht unerwähnt darf bleiben, dass es sich hier um einen gravierenden Eingriff in die persönliche Erwerbsfreiheit handelt. Diese kann dann schwer wiegen, wenn es für die betroffene Person nicht ohne weiteres möglich ist, eine neue Erwerbstätigkeit zu finden. Es bleibt daher abzuwarten, wie sich die Lage hier entwickeln wird.

Dienstleistungsbezogene Beschränkungen

Das bestehende Verbot für Kryptowerte wurde verschärft. Die Erbringung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit Krypto-Wallets, Krypto-Konten oder der Krypto-Verwahrung an russische Staatsangehörige und in Russland ansässige oder niedergelassene Personen ist gänzlich verboten. Zuletzt war die Dienstleistungserbringung bis zu einem Gesamtwert der Kryptowerte pro Wallet, Konto oder Verwahrer bis EUR 10.000,-- zulässig.

Der Umfang der dienstleistungsbezogenen Beschränkungen wurden erweitert. Es dürfen nunmehr weder unmittelbar noch mittelbar Dienstleistungen in den Bereichen Architektur und Ingenieurwesen, IT-Beratung und Rechtsberatung an in Russland niedergelassene juristische Personen erbracht werden. Es besteht jedoch eine Ausnahme für die Erfüllung von Altverträgen (Vertragsabschluss vor dem 7.10.2022). Weitere Ausnahmen vom Verbot bestehen im Bereich der notwendigen Rechtsverteidigung sowie der Soft-wareaktualisierung für nichtmilitärische Zwecke und Endnutzer. 

Sektorale Beschränkungen

Besondere Aufmerksamkeit hat das 8. Sanktionspaket insbesondere wegen des „G7-Ölpreisdeckels“ erregt. Dieses Verbot wird ab dem Zeitpunkt gelten, zu dem der Rat die Einführung der Preisobergrenze einstimmig beschließt. Grundsätzlich wird es dann verboten sein, Seeverkehrsdienstleistungen auf dem Seeweg in Drittländer im Zusammenhang mit der Beförderung von Rohöl (ab Dezember 2022) sowie Erdölerzeugnissen (ab Februar 2023) zu erbringen, wenn diese ihren Ursprung in Russland haben oder aus Russland ausgeführt werden. Eine Ausnahme vom Ölpreisdeckel soll dann greifen, wenn das Rohöl oder die Erdölerzeugnisse zu einem Preis erworben werden, der einer im Voraus festgelegten Preisgrenze entspricht oder darunter liegt. In diesem Fall wird die Erbringung der Seeverkehrsdienstleistungen zulässig sein.

Daneben wurden neue Ausfuhrbeschränkungen für Kohle, spezifische in Waffen verbaute elektronische Komponenten, zivile Feuerwaffen, im Luftfahrtsektor eingesetzte Güter sowie bestimmte Chemikalien verabschiedet. Auch die Einfuhrbeschränkungen wurden um russische Halbfertig- und Fertigerzeugnisse aus Stahl, Maschinen und Geräte, Kunststoffe, Fahrzeuge, Textilien, Schuhe, Leder, Keramik, bestimmte chemische Erzeugnisse sowie nicht aus Gold gefertigten Schmuck erweitert.
 

AutorIn

Peter Blaschke

Rechtsanwalt

Evelyne Schober

Associate