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Neue Bauordnung für Wien

29.03.2019 - Lesezeit: 3 Minuten

AutorIn

Michael Hecht

Partner

Seit heuer gilt eine neue Bauordnung in Wien. Sie hat das Ziel, Wohnen „leistbarer“ zu machen. Dies führt wiederum zu einer Vergrößerung des Marktes für leistbaren Wohnraum. Ist also die breite, nicht kaufkräftige Bevölkerung wirklich der Gewinner der Gesetzesnovelle und steigen die Bauträger als Verlierer aus?

Geförderter Wohnbau als neue Widmungskategorie

Die neue Bestimmung sieht vor, dass in den Widmungskategorien Bauland und Gemischtes Baugebiet eine zusätzliche Ausweisung für geförderten Wohnbau erfolgen kann. Das bedeutet, dass auf solchen Flächen, die neu als Wohngebiet gewidmet werden, ein verpflichtender Anteil von zwei Drittel an geförderter Wohnnutzfläche entstehen muss. Somit ist nur mehr ein Drittel der Wohnnutzfläche frei finanzierbar. Dies wird unter anderem bei Neuausweisungen von Wohngebieten oder gemischten Baugebieten, bei Erhöhung der zulässigen baulichen Dichte oder ab einer Wohnnutzfläche von 5.000 Quadratmetern bei jeglicher Neuwidmung relevant.

Die Nettomiete in solchen Gebieten ist für die gesamte Förderperiode, das sind 40 Jahre, mit fünf Euro pro Quadratmeter beschränkt. In diesem Zeitraum können die geförderten Wohnungen weder gewinnbringend vermietet noch veräußert werden. Außerdem muss im Grundbuch zur Sicherstellung der Inanspruchnahme einer Förderung ein Veräußerungsverbot zu Gunsten des Landes Wien auf die Förderdauer von 40 Jahren einverleibt werden. Damit will der Gesetzgeber gewinnoptimierte spekulative Veräußerungen von geförderten Wohnungen verhindern.

Sind die Bauträger somit die Verlierer der Novelle?

Die Regelung stellt einen massiven Eingriff in das Baugeschehen dar. Sie engt den Spielraum ein, wer und wo gebaut werden darf und birgt somit ein großes Änderungspotenzial für den Wiener Immobilienmarkt. Bauwerber in dieser neuen Kategorie müssen in ihre Kosten einkalkulieren, dass nun ein Großteil der neu errichteten Wohnungen nicht mehr frei finanzierbar ist.

Grundstücksspekulationen sollen vermieden werden

Eine weitere und die härteste Bestimmung der Wiener Bauordnung ist ein Grundkostenlimit von 188 Euro pro Quadratmeter Bruttogrundfläche. Man darf also nur dann bauen, wenn man für den Grund nicht mehr als dieses Limit gezahlt hat. Das Ziel dieser Regelung ist ja unter anderem, Grundstücksspekulationen einen Riegel vorzuschieben und zu verhindern, dass „Spekulanten“ Bauland horten, es dadurch zu einer Verknappung kommt und Bauland teuer wird.

Das kann zu folgenden zwei Entwicklungen führen: Eigentümer solcher Flächen können in Zukunft um 188 Euro pro Quadratmeter verkaufen, weil sie wissen, dass ihnen zu einem höheren Preis niemand den Grund abkauft. Oder sie denken in Generationen und behalten den Grund lieber, bevor sie sich eine Deckelung für den Verkaufspreis vorschreiben lassen. Es bleibt also abzuwarten, ob die Regelung nicht eigentlich die gewünschte Baulandmobilisierung erschwert. Es ist eine Marktregulierung, und wie die Märkte darauf reagieren, ist nicht gut planbar. Zudem gibt es auch noch rechtliche Unsicherheiten: Zwar ist der Kaufpreis mit 188 Euro gedeckelt, doch können dafür vielleicht Gegenleistungen vereinbart werden, die schwer im Kaufpreis kalkuliert werden können.

Denkbar wäre, dass man etwa dem Verkäufer im Gegenzug ein Vorkaufsrecht auf eine andere Liegenschaft oder andere geldwerte Vorteile einräumt. Zu bedenken ist bei all dem: Die wesentlichen Regelungen stehen in Wahrheit gar nicht im Gesetz; vielmehr hat der Gemeinderat sogenannte „Planungsgrundlagen“ geschaffen. Es ist zwar nicht klar, ob diese Planungsgrundlagen Verordnungscharakter haben, klar ist aber jedenfalls, dass sie keine gesetzliche Regelung darstellen und damit sehr viel Gestaltungsspielraum offen lassen.

Die in den Medien kolportierte „harte“ Gesetzesnovelle mag daher wohl inhaltlich „hart“ sein, wenn sie so wie ausgeführt gehandhabt wird. Formalrechtlich ist sie es aber jedenfalls nicht. Daher gilt es abzuwarten, wer und in welchem Ausmaß von der Wiener Bauordnung profitieren wird.

AutorIn

Michael Hecht

Partner