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Neue arbeitsrechtliche Vorschriften: Novellierung des AVRAG

08.04.2024

AutorIn

Florian Dauser

Rechtsanwalt

Paula Kalau

Associate

In Umsetzung der EU-Richtlinie (EU) 2019/1152 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen ist auf Grund eines am 31. Jänner 2024 im Nationalrat eingebrachten Initiativantrags das Arbeitsvertragsrechts-Änderungsgesetzes (AVRAG) mit Geltung ab 28. März 2024 novelliert worden.

Dienstzettel § 2 AVRAG

Der Dienstzettel für echte Arbeitnehmer muss künftig folgende weitere Informationen enthalten: Einen Hinweis auf das einzuhaltende Kündigungsverfahren, den Sitz des Unternehmens, eine kurze Beschreibung der zu erbringenden Arbeitsleistung, gegebenenfalls die Vergütung von Überstunden und die Art der Auszahlung des Entgelts, gegebenenfalls Angaben zu Bedingungen für die Änderung von Schichtplänen, Name und Anschrift des Sozialversicherungsträgers, Dauer und Bedingungen einer vereinbarten Probezeit und gegebenenfalls einen Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildungen.

Verrichtet der Arbeitnehmer seine Tätigkeit länger als einen Monat im Ausland, hat der ihm vor seiner Abreise auszuhändigende Dienstzettel oder schriftliche Arbeitsvertrag zusätzlich folgende Angaben neu zu enthalten: Den Staat, in dem die Arbeitsleistung erbracht werden soll, ein allfälliger Aufwandersatz nach österreichischem Recht und nach den anwendbaren ausländischen Bestimmungen sowie einen Hinweis, wie der Arbeitnehmer sich über die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen sowie über die auf ihn anwendbaren Rechtsvorschriften im Ausland informieren kann.

Arbeitgebern droht nunmehr eine Verwaltungsstrafe, wenn sie weder einen schriftlichen Arbeitsvertrag noch einen Dienstzettel ausstellen. Die Strafdrohung gilt nur für nach dem Inkrafttreten der Gesetzesänderungen neu abgeschlossene Arbeitsverhältnisse und kann durch (nachträgliche) Ausstellung abgewendet werden.

Aus‑, Fort- oder Weiterbildungskosten § 11b AVRAG

Artikel 13 der Richtlinie bestimmt, dass die Kosten für Aus‑, Fort- oder Weiterbildungsmaßnahmen, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften, Verordnungen, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung (zB Kollektivvertrag) oder des Arbeitsvertrages zur Ausübung der arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeit erforderlich sind, dem Arbeitnehmer weder in Rechnung gestellt noch vom Entgelt abgezogen werden dürfen. Weiters gilt die Zeit der Aus‑, Fort- oder Weiterbildungsmaßnahmen als Arbeitszeit. Demgemäß erfolgte eine Neufassung des § 11b AVRAG.

Mehrfachbeschäftigung § 2i AVRAG

In Österreich dürfen Nebentätigkeiten von Arbeitnehmern als Ausfluss der arbeitsvertraglichen Treuepflicht beschränkt werden, wenn sie sich nachteilig auf die Verwendung des Arbeitnehmers im Betrieb des Arbeitgebers auswirken, etwa durch eine verminderte Arbeitsleistung, eine Konkurrenzierung des Arbeitgebers oder eine Rufschädigung des Unternehmens. In Artikel 9 sieht die Richtlinie, umgesetzt in § 2i AVRAG, erstmals die Möglichkeit der Mehrfachbeschäftigung von unselbstständigen Arbeitnehmern vor. Demnach darf ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern nicht grundlos verbieten, außerhalb der vereinbarten Arbeitszeit ein Arbeitsverhältnis mit anderen Arbeitgebern aufzunehmen oder sie deswegen benachteiligen.

Der Arbeitgeber kann jedoch im Einzelfall verlangen, dass der Arbeitnehmer die Beschäftigung in einem weiteren Arbeitsverhältnis unterlässt, wenn diese mit arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen nicht vereinbar oder der Verwendung im bestehenden Arbeitsverhältnis abträglich ist. Der Arbeitnehmer hat den Arbeitgeber daher über Mehrfachbeschäftigungen zu informieren, sodass der Arbeitgeber die Einhaltung der gesetzlichen Arbeits- und Ruhezeiten kontrollieren kann.

Kündigungsschutz und Benachteiligungsverbote

Mit diesen Änderungen sind ein Motivkündigungsschutz, eine Kündigungsbegründung auf Verlangen des Arbeitnehmers und Benachteiligungsverbote vorgesehen. Der Motivkündigungsschutz betrifft Kündigungen, die mit der Vorenthaltung eines Dienstzettels, einer zulässigen Mehrfachbeschäftigung oder mit Aus‑, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen zusammenhängen. Auch besteht bei solchen Kündigungen für Arbeitgeber nunmehr eine Begründungspflicht: Verlangt der Arbeitnehmer binnen fünf Tagen nach Zugang der Kündigung schriftlich eine Begrün-dung dafür, hat der Arbeitgeber binnen fünf Tagen ab Zugang des Verlangens des Arbeitnehmers die Gründe für die Kündigung schriftlich anzugeben.

Das bereits geltenden Benachteiligungsverbote im österreichischen Arbeitsrecht (= Regelungen zum Schutz vor Diskriminierung, Benachteiligung oder negativen Konsequenzen) werden um die Geltendmachung der Rechte hinsichtlich der Ausstellung eines Dienstzettels, der Mehrfachbeschäftigung und der Aus‑, Fort- und Weiterbildung ausgeweitet.

AutorIn

Florian Dauser

Rechtsanwalt

Paula Kalau

Associate