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Marktmissbrauchs-Regeln werden deutlich ausgeweitet und verschärft

01.07.2016 - Lesezeit: 3 Minuten

Am 3.7.2016 treten für den österreichischen (und europäischen) Kapitalmarkt die radikalsten rechtlichen Änderungen seit Jahren in Kraft. Die Marktmissbrauchs-Verordnung sieht nun ein unionsweit einheitliches und unmittelbar anwendbares Überwachungs- und Verwaltungsstrafsystem vor. Die (durch die Mitgliedstaaten umzusetzende) Marktmissbrauchs-Richtlinie regelt Mindestanforderungen für die gerichtliche Strafbarkeit.

Materiell betrifft die Neuregelung den bekannten „Kanon“ marktmissbräuchlichen Verhaltens, nämlich: (i) Insider-Verbote (Insidergeschäfte und unrechtmäßige Offenlegung), (ii) Marktmanipulation, (iii) ad hoc-Publizität und (iv) Directors‘ Dealings.

Die Neuregelung reagiert dabei zum Teil auf praktische Bedürfnisse. So werden etwa „Marktsondierungen“, die emissionsbegleitende Banken typischerweise im Vorfeld von Transaktionen durchführen, von den Verboten ausgenommen und dadurch ein rechtssicher Rahmen geschaffen.

Für die Markteilnehmer besonders einschneidend sind die folgenden Neuerungen:

  • Der Anwendungsbereich der Marktmissbrauchs-Regeln beschränkt sich künftig nicht auf Emittenten von Finanzinstrumenten auf geregelten Märkten, sondern auch solche, deren Wertpapiere lediglich in ein multilaterales oder organisiertes Handelssystem einbezogen sind; in Österreich werden damit sämtliche Marktteilnehmer im Dritten Markt neu erfasst und haben die Marktmissbrauchs-Verbote einzuhalten.
  • Eine deutliche Verschärfung erfolgte im Bereich der Strafen. Verwaltungsstrafen, können nunmehr bei natürlichen Personen bis zu EUR 5 Millionen und gegenüber juristischen Personen bis zu EUR 15 Millionen, 15 % des Gesamtnettoumsatzes oder – in beiden Fällen – das Dreifache des erlangten Nutzens (oder vermiedenen Verlusts) betragen. Gerichtlich strafbare Handlungen können – sogar über die richtlinienrechtliche Vorgabe hinaus – mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet werden.

Zusammenfassend mag sich das Marktmissbrauchs-Regime daher im Wesentlichen bekannter Instrumente und Sanktionen bedienen. Ihr Anwendungsbereich wird aber stark ausgedehnt und die Strafdrohungen wurden radikal erhöht. Die neuen Regeln bergen daher für Kapitalmarktteilnehmer (wie Unternehmen, Banken und Berater) erhebliche Risiken, die eine sorgfältige Vorbereitung und Umsetzung entsprechender interner Instrumentarien (wie Verhaltensleitlinien) unerlässlich machen.