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Bei Daten zur "Parteiaffinität" handelt es sich um besondere Kategorien personenbezogener Daten iSd Art. 9 DSGVO"

01.02.2021 - Lesezeit: 4 Minuten

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Die beschwerdeführende Gesellschaft ermittelte im Rahmen ihrer Tätigkeit als Gewerbetreibende iSd § 151 GewO (Adressverlage und Direktmarketingunternehmen) Wahrscheinlichkeitsangaben wie Parteiaffinität für Marketinggruppen. Den konkreten Wert zur Parteiaffinität ermittelte die Beschwerdeführerin, indem sie anonyme Meinungsumfragen durchführte. Dabei wurden soziodemographische Daten, wie Alter, formale Bildung und Einkommensverhältnisse, der Wohnort sowie ein etwaiges Interesse an Wahlwerbung der jeweiligen politischen Parteien gefragt. Zur weiteren Verarbeitung der Daten wurde von den betroffenen Personen keine Zustimmung eingeholt.

Bei Daten zur Parteiaffinität handelt es sich um personenbezogene Daten iSd Art 4 Z 1 DSGVO. Auch wenn die tatsächliche politische Meinung des Betroffenen nicht bekannt ist, enthält die Parteiaffinität eine Aussage über die Person, und zwar mit welcher Wahrscheinlichkeit sie sich für Werbung von einer bestimmten politischen Partei interessiert. Diese Aussage ist, auch wenn sie einer statistischen Schwankungsbreite unterliegt, nicht völlig zufällig, sondern leitet sich aus Korrelationen ab, die aus Meinungsumfragen und Wahlergebnissen gewonnen worden sind. Die Information Parteiaffinität wird auch dazu verwendet, Streuverluste in der Werbung zu vermeiden.

Gemäß Art 9 Abs 1 DSGVO ist die Verarbeitung personenbezogener Daten, aus denen politische Meinungen hervorgehen untersagt, sofern nicht eine der Ausnahmen des Abs 2 vorliegt. Die ausdrückliche Zustimmung zur Datenverarbeitung ist eine solche Ausnahme. Nach dem 51 Erwägungsgrund der DSGVO dient Art 9 Abs 1 DSGVO dazu, dass personenbezogene Daten, die ihrem Wesen nach hinsichtlich der Grundrechte und Grundfreiheiten besonders sensibel sind, einen besonderen Schutz verdienen. Da bereits eine vermutete politische Meinung jene negativen Folgen für die betroffene Person auslösen kann, vor der Art 9 DSGVO schützen möchte, ist es für die Annahme einer politischen Meinung ausreichend, wenn aus der Information eine solche Meinung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit hervorgeht.

Werden nun Personen mit einer hohen Parteiaffinität für bestimmte Werbung und somit für eine bestimmte politische Meinung für empfänglich angesehen, dann greift hier der Schutzzweck des Art 9 DSGVO nämlich Personen vor einer Diskriminierung aufgrund einer gewissen (vermuteten) Nähe zu einer politischen Partei zu schützen. Daten zur Parteiaffinität sind daher als besondere Kategorien personenbezogener Daten gemäß Art 9 Abs 1 DSGVO zu werten und unterliegen somit dem Verarbeitungsverbot.

Die Gesellschaft hat im Verzeichnis zur Verarbeitungstätigkeit eine Verarbeitung besonders schutzwürdiger Daten und eine umfangreiche Verarbeitung von sensiblen Daten verneint, obwohl die von ihr verarbeiteten Daten zur Parteiaffinitäten eine besondere Kategorie personenbezogener Daten darstellen. Da die Gesellschaft auch keine Zustimmung für die Verarbeitung der Personen eingeholt hat, erwies sich die Verarbeitung der Daten zur Parteiaffinität als rechtswidrig.
 

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