Ausblick auf die WEG-Novelle 2021
23.10.2020
AutorIn
Lukas Flener
Partner
Edda Moharitsch-Unfricht
Rechtsanwältin
Die bevorstehende Novelle zum Wohnungseigentumsgesetz wird wesentliche Neuerungen für Wohnungseigentümer mit sich bringen. Die wichtigsten Neuerungen betreffen die Willensbildung in der Eigentümergemeinschaft, das Änderungsrecht des Wohnungseigentümers und die Schaffung einer verbindlichen Mindestrücklage in WE-Anlagen.
Die Willensbildung in der Eigentümergemeinschaft wird erleichtert
Zukünftig soll die Willensbildung bei Beschlussfassungen der Eigentümergemeinschaft leichter möglich sein.
Bisher wurde bei Beschlussfassungen die Anteilsmehrheit der Miteigentümer von den insgesamt vorhandenen Miteigentumsanteilen berechnet. In Zukunft sollen für die Berechnung der Anteilsmehrheit ausschließlich die Miteigentumsanteile jener Eigentümer herangezogen werden, die an der Abstimmung auch tatsächlich teilgenommen haben. Die neue Regelung soll insbesondere die Durchführung baulicher Veränderungen am Gemeinschaftseigentum oder die Gestattung baulicher Änderungen am Wohnungseigentumsobjekt erleichtern.
Trotzdem soll sichergestellt werden, dass nicht einige wenige Miteigentümer die „passive“ Mehrheit der Miteigentümer überstimmen können. Um dies zu verhindern, soll diese neue Regelung mit einem für die Beschlussfassung notwendigen Mindestquorum kombiniert werden.
Das Änderungsrecht des einzelnen Wohnungseigentümers wird ausgebaut
Um Änderungen am Wohnungseigentumsobjekt durchzuführen, ist nach den Bestimmungen des WEG in den meisten Fällen die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer notwendig. Um Sanierungsmaßnahmen und Änderungen leichter zu ermöglichen, soll im Zuge der WEG-Novelle 2021 eine Zustimmungsfiktion ähnlich der Bestimmung des § 9 Abs 1 MRG im Wohnungseigentumsgesetz verankert werden. Sofern also einer durch den Wohnungseigentümer angezeigten Änderung nicht binnen einer bestimmten Frist widersprochen wird, so soll dies in Zukunft als Zustimmung zu dieser Änderungsmaßnahme gewertet werden.
Darüber hinaus soll mit der Novelle auch der Einbau von „Langsam-Ladestationen“ für Elektroautos privilegiert werden. Damit würde der Gesetzgeber der bereits gängigen OGH-Judikatur folgen.
Schaffung verbindlicher Mindestrücklagen in WE-Anlagen
Um die Durchführung von Sanierungsarbeiten in WE-Anlagen zu erleichtern, soll für solche WE-Anlagen eine verbindliche Mindestrücklage eingeführt werden. Ziel der verbindlichen Rücklage ist, dass die Wohnungseigentümer etwa dringend notwendigen Sanierungsarbeiten eher zustimmen, weil das Geld für diese Arbeiten bereits in Form von Rücklagen vorhanden ist.
Sind Anfechtung von Beschlüssen in Zukunft gegen den Verband zu richten?
Will ein Wohnungseigentümer einen Beschluss der Wohnungseigentumsgemeinschaft anfechten, so muss er derzeit gegen alle anderen Wohnungseigentümer vorgehen (§ 30 Abs 1 WEG). Eine Novellierung dieser Regelung nach dem Vorbild der in Deutschland geltenden Gesetzeslage wird diskutiert. Bei einer Beschlussanfechtung wäre dann nicht mehr gegen sämtliche andere Wohnungseigentümer, sondern gegen den Verband vorzugehen.
Nur punktuelle Novellierung anstatt Strukturreform?
Noch bevor die WEG-Novelle 2021 beschlossen ist, werden die ersten kritischen Stimmen laut. Hauptkritikpunkt ist, dass – verglichen mit der zuletzt in Deutschland durchgeführten „Strukturreform“ dieses Rechtsbereiches – die österreichische WEG-Novelle 2021 lediglich punktuelle, kasuistische Neuerungen bringe. Eine abschließende Beurteilung der WEG-Novelle 2021 kann aber wohl erst nach endgültiger Beschlussfassung im Nationalrat vorgenommen werden.
AutorIn
Lukas Flener
Partner
Edda Moharitsch-Unfricht
Rechtsanwältin