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Stolpert die Photovoltaik-Revolution an der burgenländischen Raumplanungsnovelle?

16.10.2020

AutorIn

Josef Peer

Rechtsanwalt

Sie ist noch gar nicht abgelaufen, die Begutachtungsfrist des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz („EAG“) am 28.10.2020, und schon manifestiert sich ein erster Stolperstein, der die Photovoltaik-Revolution in Österreich und das Ziel der Bundesregierung 100% erneuerbare Energie jedenfalls bremsen könnte: Der Entwurf zur Änderung des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes 2019. Bis 26.10.2020 liegt der Entwurf noch zur Begutachtung auf. Nachfolgend eine erste Analyse der Eckpunkte:

 1. Forcierung von „Aufdachanlagen“

Absatz 1 der Neufassung des § 53a Burgenländischen Raumordnungsgesetzes regelt, dass Photovoltaik-Anlagen vorrangig auf Dächern oder Gebäudeintegriert zu errichten sind. Dies ist insofern unspektakulär, als auf bestehenden Gebäuden meistens die Bestimmungen der Raumordnung ohnehin keinen wesentlichen Einfluss mehr haben und gemäß § 1 Abs 2 Z 7 Burgenländisches Baugesetz 1997 Photovoltaikanlagen bis zu einer Engpassleistung von 10 kW sogar von der Anwendbarkeit des Burgenländischen Baugesetzes ausgenommen sind.

 2. Photovoltaik-Anlagen auf Freiflächen für den Eigenbedarf

Eigenbedarf des zugehörigen Gebäudes (Z 1)

  • § 53a Absatz 2 in der Fassung der geplanten Novelle sieht Abweichungen vom Primat der „Aufdachanlagen“ unter bestimmten Voraussetzungen vor:
  • Einschränkung der Modulfläche auf höchstens 35m2 bzw. bei Betriebs- und Industriegebietsflächen auf 100 m2 (Z 3)
  • Errichtung auf der Widmungsfläche des Gebäudes samt Einschränkung auf Widmungskategorien (Z 2)

Auffallend ist, dass es gemäß § 2 Z 2 eine Einschränkung der Möglichkeit der Errichtung von Freiflächenanlagen für den Eigenbedarf auf bestimmte Widmungskategorien gemäß § 33 Abs 3 gibt, wobei gerade für Erholungs- und Tourismuseinrichtungen (§ 33 Abs 3 Z 7) und für Sondergebiete (§ 33 Abs 3 Z 8) die Möglichkeit der Errichtung von Freiflächenanlagen für den Eigenbedarf gemäß der Novelle nicht besteht. Dabei kann besonders bei Tourismuseinrichtungen eine Energie-Autarkie durchaus erstrebenswert sein.

Vor dem Hintergrund, dass für die Erreichung einer Leistung von einem kW peak eine reine Modulfläche von circa 7 m² benötigt wird, sind auch die Flächenbeschränkungen von 35 m² bzw 100 m² als sehr zurückhaltend zu bezeichnen, dies insbesondere auch vor dem Hintergedanken der Gründung von Erneuerbare-Energiegemeinschaften oder Bürgerenergiegemeinschaften.

 3.  „Staatliche Freiflächenanlagen“

Verfassungsrechtlich und wohl auch europarechtlich als bedenklich zu bezeichnen sind die folgenden Bestimmungen des § 53a Abs 3 bis 7: § 53a Abs 3 sieht eine durchaus noch zulässige Festlegung von Eignungszonen für Freiflächenanlagen vor. Solche Verbots- und Eignungszonen sind grundsätzlich in den Raumordnungsgesetzen der Länder nichts Ungewöhnliches, und die Festlegung von Eignungszonen, insbesondere bereits bei der Thematik der Windkraftanlagen, hat sich grundsätzlich bewährt.

Ein österreichweites Novum liegt aber darin, dass diese Zonen gemäß der vorliegenden Novelle nur unter der Voraussetzung zu bestimmen sind, dass über diese Freiflächen das Land oder eine von ihm zumindest mittelbar zu 100% beherrschte Einrichtung oder Gesellschaft verfügt. De facto führt dies somit zu einer Verstaatlichung der Errichtung und des Betriebes von Freiflächen-Photovoltaikanlagen. Eine sachliche Rechtfertigung für diese Vorgangsweise bleibt der Gesetzesentwurf schuldig. Auch die Erläuterungen, wonach nach Ansicht des Landes die klima-  und energiepolitischen Ziele nur durch eine vom Land gesteuerte Errichtung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen erreicht werden kann, kann diese sachliche Rechtfertigung nicht liefern. Dies schon deshalb, als durch die Festlegung von Eignungszonen oder auch einer Flächenhöchstbeschränkung für Freiflächen-Photovoltaikanlagen (siehe Niederösterreich) ausreichende Steuerungsmechanismen gegeben sind. Unklar bleibt auch, weshalb solche restriktiven Regelungen lediglich für Freiflächen-Photovoltaikanlagen gelten sollen, für andere erneuerbaren Energiequellen wie beispielsweise Windkraftanlagen allerdings nicht.

Neben diesen restriktiven Einschränkungen wird in den Absätzen 4-6 noch eine Photovoltaik-Abgabe, deren Höhe durch Verordnung der Landesregierung bestimmt wird, vorgesehen. Fraglich wird sein, wie eine solche Verordnung, insbesondere wenn die Höhe von der Schwere des Eingriffs in das Landschaftsbild und das Flächenausmaß abhängt, ausgestaltet wird, damit sie einerseits verhältnismäßig und nicht gleichheitswidrig ist und andererseits auch praktikabel handhabbar. Geregelt wird auch eine Weiterleitung von 50% der Abgabe an die Standortgemeinden in deren Gebiet die Anlage errichtet wird. Eine Verwendungspflicht für die restlichen 50% der Abgabe findet sich im Entwurf nicht.

Neben dem Umstand, dass Freiflächen-Photovoltaikanlagen nur auf Flächen des Landes bzw von ihm beherrschter Gesellschaften errichtet werden dürfen, sieht Absatz 7 noch eine weitere Besonderheit vor: auch das Entgelt für die Nutzung der Flächen soll durch Verordnung der Landesregierung geregelt werden. Der Umstand, dass die Landesregierung somit einerseits den Preis, regelt für die Flächen genutzt werden, und allen anderen Marktteilnehmern verbietet Flächen für Freiflächen-Photovoltaikanlagen zu nutzen, erscheint, insbesondere im Lichte der deutlichen Verwässerung der Privatautonomie bedenklich. Darüber hinaus stellen sich auch praktische Fragen dahingehend, worin der Anreiz für einen Eigentümer liegen soll, seine Flächen für die Nutzung mit Photovoltaikanlagen zur Verfügung zu stellen.

Fazit

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass gegen den gegenständlichen Entwurf schwere verfassungsrechtliche Bedenken bestehen. Von diesen Bedenken abgesehen zeigt der gegenständliche Konflikt aber sehr deutlich, dass der angestrebte Ausbau von erneuerbaren Energien entweder nur im Einklang mit den Bundesländern funktioniert oder der Bund die im Regierungsprogramm angesprochene – und grundsätzlich auch bestehende – Fachplanungskompetenz des Bundes in Anspruch nehmen wird müssen.

Sollte sich diese Vorgangsweise auch in anderen Bundesländern durchsetzen, ist ein Fazit sicher: Die Photovoltaik-Revolution ist gestoppt, bevor sie richtig begonnen hat.

Sustainability by fwp: green deal: Photovoltaik Legal Roadmap

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Josef Peer

Rechtsanwalt