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OGH-Entscheidung zu Betriebskosten und Wertsicherung – Auswirkungen auf Mietverträge

07.03.2025

AutorIn

Edda Moharitsch-Unfricht

Rechtsanwältin

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat mit seiner Entscheidung 10 Ob 54/24z mehr Klarheit für Betriebskostenregelungen und Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen geschaffen. Im vorliegenden Fall hatten Mieter einer Eigentumswohnung die Rückzahlung von Betriebskosten gefordert. Die entsprechende Klausel im Mietvertrag sei unklar und damit unwirksam. Während die Vorinstanzen die Klage abgewiesen hatten, gab der OGH den Mietern Recht. Sie müssen künftig keine Betriebskosten mehr zahlen und bereits geleistete Zahlungen müssen rückerstattet werden. Gleichzeitig bestätigte das Höchstgericht, dass eine Wertsicherungsklausel, die die Miete an den Verbraucherpreisindex (VPI) anpasst, rechtlich zulässig ist

Die Entscheidung ist von Bedeutung für Vermieter und Mieter. Die Pressemeldungen feierten die Entscheidung als „Sieg der Mieter“, wobei diese Interpretation wohl zu oberflächlich ist, schafft die Entscheidung doch insgesamt mehr Klarheit über die Anforderungen von Mietverträgen und auch die Feststellung des OGH zur Wertsicherungsklausel ist für Vermieter positiv:

 1. Vermieter sollten einer Qualifizierung des Mietvertrages als „Vertragsformblätter“ oder „Formularvertrag“ entgegenwirken

Die Kläger (Konsumenten) stützten die Nichtigkeit der Vertragsbestimmungen unter anderem auf einen Verstoß gegen das Transparenzgebot nach § 6 Abs 3 KSchG. Danach ist eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst ist.

Relevant für Vermieter ist es daher, einer Qualifizierung des Mietvertrages als „Vertragsformblätter“ entgegenzuwirken. Dies kann zum Beispiel erreicht werden, indem der Mietvertrag vor Unterzeichnung dem Mieter zur Durchsicht übermittelt wird und der Mieter aufgefordert wird, seine Änderungs- oder Ergänzungsvorschläge zu übermitteln. Wichtig ist in der Folge auch, dass über solche Änderungsvorschläge tatsächlich ernsthaft verhandelt wird und gegebenenfalls (sofern die entsprechende Regelung für den Vermieter nicht von so großer Wichtigkeit ist) den Wünschen des Mieters auch (teilweise) nachgegeben wird bzw. die Änderungswünsche in den Mietvertrag eingearbeitet werden. Sofern eine ernsthafte Bereitschaft des Vermieters zu Änderungen der Vertragsbestimmungen gut dokumentiert ist, besteht im Streitfall eine erheblich höhere Chance, dass der Mietvertrag nicht als Formularvertrag qualifiziert wird. Dies wäre für den Vermieter insofern positiv, als dass dann die Regelungen von § 6 Abs. 3 KSchG und § 879 Abs. 3 ABGB keine Anwendung finden und eine dahingehende Prüfung des Gerichts über die potenzielle Unwirksamkeit etwaiger gröblich benachteiligender und intransparenter Klauseln im Mietvertrag gar nicht vorgenommen wird.

 2. Vermeidung unklarer Betriebskostenklauseln

Der OGH erklärte die Regelung zu den Betriebskosten für unwirksam, weil sie nicht hinreichend konkret formuliert war (der Aufzählung der Betriebskosten war das Wort "insbesondere" vorangestellt). Die überwälzten Kosten seien daher nur beispielsweise aufgezählt und die Klausel intransparent, weil der Mieter nicht beurteilen kann, was als Bewirtschaftungskosten zu verstehen ist und welche Kosten auf ihn zukommen.

Praxistipp: Vermieter sollten daher sicherstellen, dass die Betriebskostenauflistung im Mietvertrag abschließend formuliert ist und keine unbestimmten Begriffe wie „insbesondere“, „sämtliche Betriebskosten“ oder „besondere Aufwendungen“ verwendet werden.

 3. Wertsicherungsklausel in Mietverträgen grundsätzlich zulässig

Im Hinblick auf die Wertsicherungsklausel im Mietvertrag hat der OGH zwei für die Vermieter wichtige Klarstellungen getroffen: Der OGH hat bestätigt, dass er die Vereinbarung einer Wertsicherung auf Basis des VPI in Mietverträgen grundsätzlich als zulässig ansieht, und eine solche Vereinbarung nicht per se dem Sachlichkeitsgebot widerspricht.

Praxistipp: Wichtig für Vermieter ist daher darauf zu achten, dass die Wertsicherungsklausel immer an den VPI angeknüpft wird (und nicht an einen anderen unbestimmten Index). Wir empfehlen aktuell, als Basis den Indexwert zu vereinbaren, der für den dritten Monat nach Vertragsbeginn verlautbart wird.

Intransparent sei laut Ansicht des OGH hingegen die Vereinbarung einer länger zurückliegenden Indexzahl, wie zum Beispiel der Indexzahl, die der letzten Neuberechnung der Richtwerte zugrunde gelegen ist, wenn daneben nur der jetzt zu zahlende Mietzins genannt ist. Weiterhin offen bleibt, ob auch die Vereinbarung der Indexzahl, die am Tag des Vertragsabschlusses die zuletzt verlautbarte Indexzahl ist, zulässig ist.

 4. Haftung bei Eigentümerwechsel des Mietgegenstandes

Im gegenständlichen Fall hatte der OGH auch zu entscheiden, wer für Rückforderungsansprüche des Mieters haftet, wenn die Immobilie inzwischen bereits einem neuen Eigentümer gehört. In konkreten Fall haftet der neue Eigentümer auch für die Rückforderungsansprüche des Mieters, welche Zahlungen des Mieters betreffen, die dieser vor dem Erwerb der Immobilie an den Voreigentümer geleistet hat. Ausschlaggebend war, dass im vorliegenden Fall im Kaufvertrag eine Vertragsübernahme des Mietvertrags mitsamt den damit verbundenen Rechten und Pflichten zwischen Verkäufer und Käufer vereinbart worden war. Bei einer Vertragsübernahme, mit der die Gesamtheit aller wechselseitigen Rechte und Pflichten übertragen wird, geht die Rechtsprechung davon aus, dass dieser gesamte Übergang auch Rückforderungsansprüche umfasst, die auf Leistungen an die ausgeschiedene Altpartei beruhen und deren Rückabwicklung aufgrund Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts zu erfolgen hat.

Dies zeigt, dass Käufer beim Erwerb vermieteter Immobilien immer genau prüfen sollten, ob Altverbindlichkeiten mitübernommen werden. Unterliegt der Mietgegenstand dem (Voll- oder Teil-)Anwendungsbereich des MRG, so ist der Käufer als Rechtsnachfolger des Vermieters schon gemäß § 2 MRG an den wirksam geschlossenen Hauptmietvertrag gebunden.

Praxistipp: Im Kaufvertrag sollte daher explizit festgehalten werden, dass sämtliche Forderungen und Ansprüche (damit auch Rückforderungsansprüche wie in diesem Fall), die den Zeitraum vor dem Kauf betreffen, nicht mit übergehen, sondern der vereinbarte Übergang von Rechten und Pflichten nur Forderungen und Ansprüche betrifft, die ab dem Erwerb der Immobilie entstehen.

AutorIn

Edda Moharitsch-Unfricht

Rechtsanwältin