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Notariatsaktspflicht für „Signing“ und „Closing“ bei der Abtretung von GmbH-Anteilen

11.12.2020 - Lesezeit: 4 Minuten

AutorIn

Lukas Flener

Partner

Der Oberste Gerichtshof entschied im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung, dass die im GmbH-Gesetz geregelte Notariatsaktspflicht für die Übertragung von GmbH-Anteilen sowohl auf das Verpflichtungs- als auch auf das Verfügungsgeschäft anzuwenden sei. Neu ist aber die klare Aussage, dass für das „Closing“ ein weiterer Notariatsakt erforderlich sein kann, wenn die Abtretung in „Signing“ und „Closing“ getrennt wird.

Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs – OGH 23.4.2020, 6 Ob 59/20z

Der Oberste Gerichtshof hatte über den Revisionsrekurs gegen die Entscheidung des Landesgerichts Linz zu entscheiden. Die Vorinstanzen hatten die Übertragung von GmbH-Anteilen mangels Abschlusses eines Notariatsakts für unwirksam erklärt.

Strittig war eine Formulierung der Vereinbarung der Gesellschafter. Konkret war vereinbart worden, dass die Geschäftsanteile „spätestens am 31. März 2016“ übertragen werden sollen. Darin erblickte der Oberste Gerichtshof mangels „aktuellem Übertragungswillen“ ein Auseinanderfallen des Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfts („Signing“ und „Closing“). Zwar sei das Verpflichtungsgeschäft den geltenden Formvorschriften entsprechend als Notariatsakt abgeschlossen worden, das Verfügungsgeschäfts jedoch falle im entschiedenen Sachverhalt nicht mit dem Verpflichtungsgeschäft zusammen. Deswegen hätte ein eigener Notariatsakt für das separat abgeschlossene Verfügungsgeschäft errichtet werden müssen.

Dieser Formmangel des Verfügungsgeschäfts führe nach herrschender Auffassung zur unheilbaren Unwirksamkeit der Anteilsübertragung.

Folgen der Entscheidung

In der Praxis der Vertragserstellung ist daher besonders auf die Formulierung von GmbH-Anteilskauf- und Abtretungsverträgen zu achten. Wie der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung beschreibt, fallen das Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft in der Regel zusammen. Soll der Übergang der GmbH-Anteile in einem gesonderten Akt vollzogen werden, so ist darauf die in § 76 Abs 2 GmbHG normierte Notariatsaktspflicht ebenso anzuwenden, wie auf den Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts. Im Ergebnis müssten zwei voneinander getrennte Notariatsakte abgeschlossen werden. Damit sind jedoch erhebliche Kosten verbunden.

Wollen die Parteien die Übertragung der GmbH-Anteile im Wege eines einzelnen Notariatsaktes durchführen, so muss der Übertragungswille aus der entsprechenden Vereinbarung eindeutig hervorgehen. Wie die konkrete Formulierung der Vertragsbestimmungen aussehen muss, liegt in der Natur des jeweiligen Einzelfalls.

Im letztlich durch den Obersten Gerichtshof entschieden Fall wurde die Formulierung, wonach die Geschäftsanteile „spätestens am 31. März 2016 übertragen werden“ als nicht ausreichend für die Übertragung beurteilt. Um diese Problematik zu umgehen, sollten ganz klare Regelungen aufgenommen werden, die den Übertragungswillen bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des Verpflichtungsgeschäfts eindeutig festlegen. Ein derartiges vertragliches Festhalten des Übertragungswillens kann selbstverständlich in weiterer Folge an so genannte “Closingbedingungen“ sowie „Closinghandlungen“ geknüpft werden, die für die erfolgreiche Übertragung der GmbH-Anteile erfüllt sein müssen. Es gilt präzise zu regeln, riskiert man doch immerhin die unheilbare Unwirksamkeit der Übertragung!

 

AutorIn

Lukas Flener

Partner