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Leitfaden zu Transaktionswertschwellen für die Anmeldepflicht von Zusammenschlussvorhaben

09.09.2018 - Lesezeit: 2 Minuten

AutorIn

Lukas Flener

Partner

Mit dem Kartell- und Wettbewerbsrechts-Änderungsgesetz 2017 wurden neue Regelungen zu den Schwellenwerten im Bereich der Fusionskontrolle im österreichischen Kartellgesetz (KartG) eingeführt. Diese dienen dazu, das Wettbewerbsrecht an den durch technische Entwicklungen und internationalen Wettbewerb ausgelösten Wandel anzupassen. Die neue Anmeldeschwelle ist in § 9 Abs 4 KartG festgelegt und kommt zusätzlich zu den bestehenden Schwellen zur Anwendung. Ziel dieser neuen Schwelle ist die Möglichkeit Zusammenschlüsse der wettbewerbsrechtlichen Prüfung unterziehen zu können, bei denen Unternehmen oder Vermögensgegenstände, die geringe Umsätze erzielen zu einem hohen Preis gekauft werden und daher anzunehmender Weise wettbewerbsrelevant sind (zum Beispiel Erwerb von WhatsApp durch Facebook). Demnach sind Zusammenschlüsse, welche die Umsatzschwellen des § 9 Abs 1 KartG nicht erfüllen, unter den folgenden Voraussetzungen dennoch anzumelden:

  • der gemeinsame weltweite Umsatz der beteiligten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr betrug mehr als EUR 300 Mio.,
  • der gemeinsame österreichweite Umsatz der beteiligten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr betrug mehr als EUR 15 Mio.,
  • der Wert der Gegenleistung beträgt mehr als EUR 200 Mio. und
  • das zu erwerbende Unternehmen ist in erheblichem Umfang im Inland tätig.

In Anbetracht der engen wirtschaftlichen Verflechtung von Österreich und Deutschland, die zeitgleich eine Transaktionswertschwelle eingeführt hat, haben die Bundeswettbewerbsbehörde und das Bundeskartellamt einen gemeinsamen Leitfaden zu Transaktionswertschwellen für die Anmeldepflicht von Zusammenschlussvorhaben veröffentlicht. Dieser soll die Auslegung der Bestimmung einfacher gestalten.

Zentrales Kriterium des § 9 Abs 4 KartG ist der Wert der Gegenleistung, der EUR 200 Mio. übersteigen muss. Dieser umfasst laut Leitfaden alle Vermögensgegenstände und sonstigen geldwerten Leistungen, die der Veräußerer vom Erwerber im Zusammenhang mit dem infrage stehenden Zusammenschluss erhält. Dazu zählen beispielsweise Barmittel, Wertpapiere, immaterielle Vermögenswerte, Gegenleistungen für einen Wettbewerbsverzicht und etwaige vom Erwerber übernommene Verbindlichkeiten. Auch zukünftige und variable Kaufpreisbestandteile, wie zum Beispiel Earn-Out-Klauseln, sind im Wert der Gegenleistung einzuberechnen. Die Zusammenschlussparteien haben den Wert der Gegenleistung und die Anmeldepflicht selbst zu prüfen – Bewertungsprognosen inklusive. Der relevante Zeitpunkt für die Wertermittlung ist hierbei der Zeitpunkt des Vollzugs (!) des Zusammenschlusses. So entsteht eine Anmeldepflicht, wenn der Wert der Gegenleistung von Signing bis zum Vollzug die Schwelle übersteigt.

Als weiteres Kriterium für die Anwendbarkeit der Fusionskontrolle nennt das Gesetz die erhebliche Inlandstätigkeit des Zielunternehmens. In der Regel wird die Inlandstätigkeit in diesen Märkten nicht mittels Inlandsumsätzen gemessen. Je nach Branche und Tätigkeit können unterschiedliche Kriterien zur Tätigkeitsmessung infrage kommen. Es sind branchenübliche, nicht manipulierbare Größen heranzuziehen. Eine spannende Frage im Anwendungsfall.

Die Einführung der neuen Schwellen in § 9 Abs4 KartG führt zu neuen Prüfungspflichten und zur Notwendigkeit zusätzlicher Angaben in der Anmeldung eines Zusammenschlussvorhabens. Erste Erfahrungswerte zeigen die doch erhebliche praktische Bedeutung der Neuregelung und deren mannigfaltige praktische Probleme.

AutorIn

Lukas Flener

Partner