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Kein bundesweites Gasheizungsverbot für Bestandsbauten – Schlägt jetzt die Stunde des Klima-Föderalismus?

10.11.2023

AutorIn

Josef Peer

Rechtsanwalt

Djordje Djukic

Rechtsanwalt

Irgendwann kommt auch in der Politik der Moment, wo man sagen muss, der ursprüngliche Plan war gut, aber funktioniert heut nimma, wenn er nicht umgesetzt wird. […] Deshalb habe ich die Entscheidung getroffen, wir machen das anders, wir ändern den Plan“, so die neuliche Aussage der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie in einer Pressekonferenz.

Mit diesen Worten wurde der im Entwurf zum Erneuerbaren-Wärme-Gesetz („EWG“) von der Bundesregierung ursprünglich festgelegte Plan, bestehende Heizungsanlagen, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, bis 2035 (alle Kohle- und Ölheizungen) bzw 2040 (alle Gasheizungen) auszutauschen, nach ca einem Jahr wieder beerdigt. Letztendlich will die Bundesregierung im EWG – lediglich – am Verbot des Einbaus von Gasheizungen in Neubauten festhalten. Das ursprünglich auch für bereits bestehende Altanlagen geplante Verbot wird durch ein „noch besseres“ Fördersystem bzw Kostenbeteiligungsmodell für den freiwilligen Austausch von Altanlagen ersetzt. Der Bund plant bis zu 75% bzw sogar 100% (für „einkommensschwache Haushalte“) der Umbaukosten für den Austausch von Altanlagen zu finanzieren.

Nicht der Neubau, der Bestand ist das Problem!

Aktuell werden 900.000 Gasheizungen und 500.000 Ölheizungen in Österreich verwendet. Aufgrund der weiten Verbreitung und Verwendung dieser klimaschädlichen Heizanlagen wird die bloße Gewährung von „höheren“ Förderungen als Anreiz für den freiwilligen Umstieg auf moderne und erneuerbare Heizsysteme, anstelle des ursprünglich vorgesehenen verpflichtenden Verbots für bestehende Anlagen, stark kritisiert.

Vor diesem Hintergrund besteht die Möglichkeit, auf Landesebene effektiv/er durchzugreifen:

Verbot von Öl- und Gasheizungen auf Landesebene?

Die Länder könnten die verpflichtende Abschaffung von Öl- und Gasheizungen innerhalb ihrer Kompetenzen unterschiedlich steuern. Beispielsweise können die Länder im Rahmen ihrer Raumordnungskompetenz auch Klimaschutz- und Energieeffizienzerwägungen mitberücksichtigen und dahingehende programmatische Bestimmungen in Energieraumplänen verankern (zB § 2b Bauordnung für Wien). Energieraumpläne können auch Beschränkungen der zulässigen Treibhausgasemissionen aus Heizungs- und Warmwasserbereitungsanlagen vorsehen.

Vor allem unterliegt aber die Installation von Leitungen und Geräten, insbesondere in Wohnhausanlagen, dem Baurecht und fällt daher in die Zuständigkeit der Länder. Der Gestaltungsspielraum der Landesgesetzgeber in den jeweiligen Bauordnungen der Länder ist sehr weit. Denkbar wäre etwa ein baurechtliches Betriebsverbot für Heizanlagen, die mit festen oder flüssigen Energieträgern betrieben werden. Die Einhaltung eines derartigen Betriebsverbotes könnte vor allem durch Strafbestimmungen (in der Form von Geldstrafen) gewährleistet werden.

Verbotstatbestände sind den Bauordnungen der Länder nicht fremd. So können etwa diverse bautechnische Verbote in Bebauungsplänen geregelt werden oder Bauverbote verhängt werden, solange der Bauplatz nicht an Verkehrsflächen, die den Verkehrserfordernissen entsprechen, angrenzt. 

Da ein derartiges Betriebsverbot bestehender Öl- und Gasheizungen in bereits bestehende Bewilligungen und damit in die Grundrechtssphäre der Eigentümer der Anlagen und Wohnhäuser eingreifen würde, ist es wesentlich den verfassungsrechtlichen Rahmen zu beachten.

Verfassungsmäßigkeit eines Verbots?

Die Zulässigkeit eines Betriebsverbotes für bestehende Heizanlagen wäre zunächst sachlich anhand objektiver Kriterien zu begründen. Das Hauptargument für die Rechtfertigung des Eingriffs in die verfassungsgesetzlich geschützte Eigentumsfreiheit der Betroffenen ist das öffentliche Interesse an klimaneutralen Maßnahmen bzw an der Reduktion der Treibhausgasemissionen und des Energieverbrauchs sowie der Umstieg auf hocheffiziente erneuerbare Heizsysteme.

Die Angemessenheit des Eingriffs wäre durch weitere Begleitmaßnahmen sicherzustellen – etwa einen im Voraus definierten Übergangszeitraum (von zB 10 bis 15 Jahren), bis das Betriebsverbot seine verpflichtende Geltung entfaltet oder/und durch die – vom Bund bereits in Aussicht gestellte – Förderung der Umbaukosten.

Fazit

Da es dem Bund augenscheinlich nicht gelingt, ein Verbot für bestehende Gas- und Ölheizungen umzusetzen, könnte nun die Stunde des Föderalismus geschlagen haben, die klimapolitische Initiative zu ergreifen und die Daseinsberechtigung des Föderalismus zu bekräftigen, indem die bestehenden Öl- und Gasheizungen auf Landesebene verboten werden. Jeder Beitrag zur Abschaffung der bestehenden 1,4 Millionen klimaschädlichen Altanlagen und zum Umstieg auf moderne und erneuerbare Heizsysteme zählt. Da der Bund die Umbaumaßnahmen mit einer Beteiligung von 75% bis teilweise sogar 100% finanziert, bietet sich dafür eine einmalig günstige Gelegenheit.

AutorIn

Josef Peer

Rechtsanwalt

Djordje Djukic

Rechtsanwalt