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Greenwashing

07.04.2022

AutorIn

Florian Kranebitter

Partner

Eva Wariwoda

Associate

Die Frage nach „Öko-Schmäh“ oder tatsächlicher Nachhaltigkeit

Produkte als „grün“, „nachhaltig“, „vegan“ oder „umweltschonend“ zu vermarkten ist in den letzten Jahren zum massiven Trend geworden. Unternehmen versuchen, sich selbst und ihre Produkte von der „grünsten Seite“ zu präsentieren. Wann erlauben sich Unternehmen einen „Öko- oder Nachhaltigkeits-Schmäh“ und wann sind Unternehmen bzw Produkte tatsächlich nachhaltig und welche Rechtsfolgen gehen damit einher?

Die Werbung mit der Umwelt ist längst eine weit verbreitete Strategie und ist in nahezu jeder Marketingabteilung eines Unternehmens zu finden. Diese reicht von dem Weichspüler, der chemiefrei und vegan ist, bis in den Finanzmarkt, wo Veranlagungen nachhaltig und klimaneutral sind, doch dabei ist aus rechtlicher Sicht Vorsicht geboten. Die Grenzen des rechtlich Erlaubten überschreitet eine derartige Werbung dann, wenn diese geeignet ist, einen Marktteilnehmer über die Eigenschaften des Produkts zu täuschen. Insbesondere Umweltbegriffe sprechen Konsumenten auf einer emotionalen Ebene an, denn der Kauf von derartigen Produkten vermittelt dem Verbraucher das Gefühl, „etwas Gutes getan zu haben“. Gerade deshalb sieht die Judikatur bei Umweltwerbung genauer hin und legt einen strengeren Maßstab an. Laut OGH darf nur dann mit Umwelthinweisen geworben werden, wenn diese eindeutig belegt sind und eine Irreführung für die umworbenen Verbraucher ausgeschlossen ist. Besteht die Möglichkeit, dass die Werbung missverstanden werden kann, liegt es in der Pflicht des Unternehmens aufzuklären bzw die Werbung eindeutig auszugestalten. In einer höchstgerichtlichen Entscheidung warb ein Unternehmen damit, seine Plastikflaschen würden zu „50% aus Plastikmüll aus dem Meer“ bestehen. Im Verfahren wurde jedoch festgestellt, dass das Plastik nach der Fußballweltmeisterschaft 2014 auf Stränden und in Buchten von Rio de Janeiro aufgesammelt wurde. In diesem Fall bejahte der OGH eine Irreführung nach dem UWG, da nicht festgestellt worden konnte, dass das Plastik sich jemals im Meer befunden hatte. Derartige Verstöße gegen das Irreführungsverbot nach dem UWG können Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche von Mitbewerbern, Verbänden, aber auch Verbrauchern begründen.

Auch auf internationaler Ebene wird ein strenger Maßstab bei der Umweltwerbung angelegt. So beurteilte die britische Behörde für Werbestandards (ASA) die Werbung einer Fluggesellschaft, die damit warb „Europe’s Lowest Emissions Airline“ zu sein, als unzulässig, da unter anderem ausschlaggebende Punkte zur Beurteilung von Emissionsausstößen, wie zB die Dichte der Sitzplätze, nicht berücksichtigt wurden. In Deutschland befand das Landesgericht Düsseldorf den Slogan „Die Dose ist grün“ als irreführend, da der durchschnittliche Verbraucher Slogans mit Begriffen wie „grün“ als umweltbezogen einstuft und dadurch zum Kauf verleitet wird. 

Zu einer Verschärfung in der Sanktionierung von Greenwashing innerhalb der EU wird voraussichtlich ein Ende März 2022 von der EU Kommission angekündigte Maßnahmenpaket führen, welches eine Änderung der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken beinhaltet, einschließlich einer Erweiterung der „schwarze Liste“ der verbotenen Geschäftspraktiken. In Zukunft sollen vage Aussagen wie „grün“, „umweltfreundlich“ oder „öko“ über die Umwelteigenschaften eines Produkts verboten sein, wenn diese nicht konkret nachweisbar sind. Mit der Aufnahme derartiger Tatbestände in die „schwarze Liste“ wären diese per se verboten und Unternehmen wären stärker motiviert ihre Werbeaussagen mehrfach zu prüfen, um potentielle Klagen zu vermeiden. Zusätzlich soll auch der „Eigenkreation“ von Nachhaltigkeitssiegeln (prominente Fälle waren hier zuletzt unter anderem die Eigenkreationen von Umweltsiegeln großer Waschmittelkonzerne) ein Riegel vorgeschoben werden, indem nur dann mit Siegeln geworben werden darf, wenn diese durch (unabhängige) Dritte oder Behörde vergeben werden. 

Im und rund um den Finanzmarkt wird ebenfalls mit „grünen Argumenten“ geworben, denn bei der Auswahl von Fonds, Aktien oder Anleihen wird der Fokus auf ESG-Kriterien gelegt. Private Rating-Agenturen bieten die Bewertung der Investments nach ESG-Kriterien an, jedoch können unterschiedliche Maßstäbe und Bewertungskriterien zu unterschiedlichen bzw sogar widersprüchlichen Ergebnissen führen. Auf Unionsebene spielt hier vor allem die im März 2021 in Kraft getretene EU-Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor (SFDR) eine wesentliche Rolle, deren Ziel es ist, für mehr Transparenz zu sorgen und Greenwashing zu vermeiden. Finanzprodukte sollen durch ein einheitliches Bewertungssystem transparenter und vergleichbarer werden. In Kombination mit der EU-Taxonomie-Verordnung wäre das Potential für einen wichtigen Grundstein für transparente, vergleichbare und nachhaltige Investments gegeben. Die in die EU-Taxonomie-Verordnung gesetzte Hoffnung erlitt allerdings in diesem Jahr auch einen ersten Dämpfer durch „legalisiertes Greenwashing“, als die EU-Kommission beschloss, Erdgas- und Atomenergie unter bestimmten Bedingungen als nachhaltig einzustufen.

Ob also echte Nachhaltigkeit oder „Greenwashing“ vorliegt, ist im Einzelfall sowohl aus dem faktischen als auch aus dem rechtlichen Blickwinkel nicht immer eindeutig und zweifelsfrei zu beantworten. Selbst die EU und ihre Mitgliedsstaaten können (bisher) keine Einigkeit über derartige Fragen erzielen. Die Absicherung gegen „Greenwashing“ in der gesamten Wertschöpfungskette durch verschiedene rechtlich abgesicherte Mechanismen ist allerdings für Unternehmer bereits jetzt genauso entscheidend wie bisher schon die Absicherung gegen den Einsatz von Grundstoffen und Produktionsbedingungen, die allgemein international anerkannte Standard und Grundsätze verletzten oder in Grundrechte eingreifen. 

fwp unterstützt führende österreichische und internationale Unternehmen zu ESG und Nachhaltigkeit auch speziell bei der Anpassung interner und externer Prozesse in der gesamten Wertschöpfungskette. 

AutorIn

Florian Kranebitter

Partner

Eva Wariwoda

Associate