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Geplante Kartellrechtsnovelle hilft Kartellopfern und macht Kartellverstöße noch riskanter

09.09.2016 - Lesezeit: 2 Minuten

AutorIn

Lukas Flener

Partner

Ende August 2016 startete die Begutachtung des lange erwarteten und im Vorfeld hitzig diskutierten Entwurfs der Kartellrechtsnovelle. Diese stärkt in Umsetzung einer EU‑Richtlinie die Position der Kartellopfer und befeuert das ersehnte und auch gefürchtete Private Enforcement. Die ganz großen anderen Veränderungen bleiben aber aus; vor allem die Rollen der Wettbewerbsbehörden bleiben entgegen den diesbezüglichen Bestrebungen der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), die gerne auch für die Sanktionierung zuständig wäre, unverändert.

Verstöße gegen Kartellrecht werden in Zukunft daher aufgrund der Erleichterungen bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen noch teurer für die Kartellanten und Opfer von Kartellen erhalten umfangreiche zusätzliche Rechte.

Die Gruppe der möglichen Kläger und Beklagten wird erheblich erweitert: Neben den direkten Abnehmern der Kartellanten können auch indirekt Geschädigte bis hin zum Endabnehmer direkt gegen – und das ist ebenfalls neu – irgendeinen der Kartellanten vorgehen. Die Kartellanten haften solidarisch und jeder muss daher allen Opfern für das Fehlverhalten aller am Kartell Beteiligten gerade stehen. Begünstigungen bestehen dabei für Kronzeugen, was Kronzeugenanträge noch deutlich attraktiver macht.

Und auch die Rolle der Kartellanten im Prozess wird wesentlich erschwert: Künftig wird gesetzlich vermutet, dass eine horizontale Absprache zwischen Wettbewerbern (Kartell) einen Schaden verursacht hat. Der Kartellant muss sich daher freibeweisen – ein in der Praxis schwer zu führender Beweis. Der Kläger wird hingegen von dieser Beweislast befreit, was die Geltendmachung erheblich vereinfacht. Zusätzlich können die Streitparteien bei Gericht in einem Schadenersatzverfahren die Offenlegung von Beweismitteln beantragen, wenn die Unterlagen in der Verfügungsmacht des Streitgegners oder eines Dritten sind und die Offenlegung verhältnismäßig ist. Nicht nur geht das österreichische System damit in Richtung der US-amerikanischen Discovery, sondern der Geschädigte kann damit auch Zugriff auf die Akten der Wettbewerbsbehörden bekommen. Die größten Beweisschwierigkeiten werden damit wohl ausgeräumt und die Verteidigung im Kartellverfahren muss diese spätere Möglichkeit bereits berücksichtigen, wobei auch hier Kronzeugen begünstigt sind.

Schadensersatzansprüche aus Kartellverstößen können künftig auch länger und zwar innerhalb von fünf Jahren ab Kenntnis des Schadens und des Schädigers geltend gemacht werden, wobei die Verjährung durch ein laufendes Verfahren gehemmt wird. Die absolute Verjährungsfrist beträgt zehn Jahre nach Schadenseintritt.

Die Teilnahme an einem Kartell wird damit deutlich riskanter und die Geltendmachung von Ansprüchen wird erheblich attraktiver. Der gewünschte Effekt der Stärkung des Private Enforcement wird daher nicht ausbleiben. Und die zusätzlichen Belohnungen für Kronzeugen machen es für Kartellanten noch mehr wert, über diese Möglichkeit eines Kronzeugenantrags dringend nachzudenken.

AutorIn

Lukas Flener

Partner