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Donauinsel 2.0 – Zwischen Renaturierung und Hochwasserschutz

24.09.2024

AutorIn

Josef Peer

Rechtsanwalt

Aufgrund der Hochwasserkatastrophe vom September 2024 gerieten in den sozialen Medien die Wiener Donauinsel und die Thematik Hochwasserschutz versus Renaturierung vermehrt in den Mittelpunkt von Diskussionen. Einerseits wurde die Donauinsel als Paradebeispiel für Renaturierung und die – nicht unumstrittene – EU-Renaturierungsverordnung angepriesen; andererseits wurde argumentiert, dass die Donauinsel als Hochwasserschutzprojekt gerade aufgrund der EU-Renaturierungsverordnung Gefahr laufe, renaturiert zu werden. Beide Argumente sind rechtlich als falsch zurückzuweisen, wobei rechtlich gesehen eine Umsetzung einer „Donauinsel 2.0“ schon aus rechtlichen Gründen durchaus nicht einfach wäre:

Historie der Donauinsel

Am 12. September 1969 fasste der im damaligen Wiener Gemeinderat den nicht unumstrittenen Beschluss für ein Hochwasserschutzprojekt, welches den Bau der Wiener Donauinsel vorsah. Nur ein Jahr später erfolgte bereits die wasserrechtliche Bewilligung, und 1972 der Baustart für die Donauinsel als 21km lange und bis zu 250m breite künstliche Insel zwischen der Donau und der einige Meter tieferliegenden neuen Donau.

Im November 1972 beschloss der Wiener Gemeinderat auch die Durchführung eines „Wettbewerbs zur Erlangung von Gestaltungs- und Nutzungsalternativen für die zukünftige Donauinsel“ und 1986 wurde die Errichtung der Donauinsel endgültig abgeschlossen.

Donauinsel 2.0

Insbesondere von diesen Genehmigungszeiten können Projektwerber von heutigen Hochwasserschutzprojekten nur träumen. Dies liegt nicht daran, dass 1970 effizienter gearbeitet worden wäre oder Projekte weniger komplex gewesen wären, sondern schlichtweg an dem Umstand, dass sich die rechtlichen Genehmigungsparameter massiv geändert haben und auch neue genehmigungsrechtliche Materien wie die Umweltverträglichkeitsprüfung hinzugekommen sind. Ebenso ist auch die Zivilgesellschaft durchaus deutlich kritischer gegenüber solchen Projekten an sich.

Dass dies für Konfliktpotential und Projektverzögerungen sorgt, zeigt sich recht treffend an einem Hochwasserschutzprojekt im westlichsten Bundesland Österreichs, nämlich dem Hochwasserschutz Ill (Wasserverband Ill - Walgau). Bei diesem Projekt wurde bereits im Jahr 2014 darüber diskutiert, ob das Vorhaben selbst UVP-pflichtig ist. 2021 wurde dann der Antrag auf Durchführung eines UVP-Verfahrens gestellt, und gerade im August 2024 wurde das Projekt kundgemacht. Abzuwarten bleibt, ob die NGOs und Bürgerinitiativen, die sich im Lichte des Naturschutzes vehement für die UVP-Pflicht des Vorhabens ausgesprochen haben, mit derselben Vehemenz auch im UVP-Genehmigungsverfahren selbst auftreten.

Gerade bei derart großen Infrastrukturprojekten, wie es Hochwasserschutzmaßnahmen nun einmal sind, zeigt sich in Genehmigungsverfahren und meist auch davor durchaus die Problematik der widerstreitenden Interessen und insbesondere ein Konfliktpotential zwischen dem öffentlichen Interesse am Hochwasserschutz einerseits und dem Natur- bzw. Artenschutz andererseits. Sehr tragisch zeigte sich des im Bereich der Perschling im Tullnerfeld, wo seit mehreren Jahren bereits ein Dammsanierungsprojekt diskutiert wird, die Sanierung aber aufgrund des Vorkommens der geschützten Donaukahnschnecke sich aber verzögerte und der Damm letzte Woche gebrochen ist.

Eine Donauinsel 2.0 könnte 2024 somit wohl mit Sicherheit nicht mehr in dieser Zeitspanne abgehandelt werden.

Renaturierung versus Hochwasserschutz

Die sogenannte EU-Renaturierungsverordnung hat per se keinerlei rechtlichen Einfluss auf die Genehmigung von Hochwasserschutzprojekten und führt auch nicht dazu, dass bestehende Hochwasserschutzprojekte renaturiert werden müssen. Dies schon aufgrund des Umstandes, dass die Mitgliedsstaaten dahingehend verpflichtet sind, primär künstliche Hindernisse zu beseitigen, die nicht länger für bestimmte Zwecke wie eben gerade den Hochwasserschutz benötigt werden.

Dass die Donauinsel selbst noch als Hochwasserschutz benötigt wird, haben die letzten Tage leider eindrucksvoll gezeigt.

Anders und komplexer verhält sich der Sachverhalt aber schon bei der Frage der Genehmigung neuer Hochwasserschutzprojekte und wie solche Hochwasserschutzprojekte ausgestaltet werden. Diesbezüglich kann es nämlich sehr wohl zu rechtlichem Konfliktpotential kommen, abhängig von der konkreten Ausgestaltung des Hochwasserschutzprojekts an sich. Dies schon aufgrund des Umstandes, dass Hochwasserschutz nicht nur mit Renaturierung möglich sein wird, sondern auch technische Bauten erforderlich sein werden. Hier wird es vor allem an den Bundesländern liegen, bei der Ausgestaltung der EU-Renaturierungsverordnung in den Wiederherstellungsplänen besondere Weitsicht walten zu lassen.

Fazit

Eine Donauinsel 2.0 als Hochwasserschutz wäre auch heute umsetzbar, auch wenn sich die genehmigungsrechtlichen Spielregeln deutlich geändert haben und die Genehmigungsverfahren sowie Konfliktpotentiale der widerstreitenden Interessen dadurch durchaus komplexer geworden sind. Insgesamt wird speziell bei der Planung von Hochwasserschutzprojekten neben dem eigentlichen Schutzzweck vor Hochwasser vermehrt auch auf andere ökologische Aspekte und auch Fragen der Renaturierung Rücksicht zu nehmen sein, damit ein Projekt erfolgreich umgesetzt werden kann.

AutorIn

Josef Peer

Rechtsanwalt