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Das neue EU-Umgründungsgesetz

03.11.2023

AutorIn

Peter Stiegler

Rechtsanwalt

Mit 1.8.2023 ist das EU-Umgründungsgesetz (EU-UmgrG) in Kraft getreten. Das EU-UmgrG bringt aber keine grundlegende Veränderung des österreichischen Umgründungsrechtes. Die bisherige Gesetzessystematik wurde nur insoweit geändert, als es zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/2121 („Mobilitäts-Richtlinie“) erforderlich war.

Anwendungsbereich

Das Gesetz regelt auf Basis der Mobilitäts-Richtlinie grenzüberschreitende Umgründungen von Kapitalgesellschaften (AG, GmbH, SE) mit Sitz in verschiedenen Mitgliedsstaaten. Erfasst sind genzüberschreitende Verschmelzungen, Umwandlungen (Verlegung des Satzungssitzes) sowie Spaltungen innerhalb der EU oder des EWR. Alle drei grenzüberschreitenden Umgründungsarten werden nunmehr einheitlich geregelt.

Das seit 2007 in Geltung stehende EU-Verschmelzungsgesetz (EU-VerschG) trat mit Ablauf des 31.7.2023 außer Kraft. Die grenzüberschreitende Verschmelzung ist jetzt in einem eigenen Abschnitt des EU-UmgrG (§§ 26ff) geregelt.

Bei der nunmehr gesetzlich geregelten grenzüberschreitenden Umwandlung wird der Satzungssitz einer Kapitalgesellschaft von einem Mitgliedstaat (Wegzugsmitgliedstaat) in einen anderen (Zuzugsmitgliedstaat) verlegt. Die Rechtspersönlichkeit wird dabei beibehalten, es kommt lediglich zur Änderung des anwendbaren Gesellschaftsrechts. Das Gesetz differenziert zwischen der „Hinaus-Umwandlung“ und der „Herein-Umwandlung“, je nachdem ob Österreich Wegzugsmitgliedsstaat oder Zuzugsmitgliedsstaat ist. Dieselbe Systematik findet sich im Gesetz grundsätzlich auch bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung und Spaltung, wobei die grenzüberschreitende Spaltung zur Aufnahme bewusst gesetzlich nicht geregelt wurde.

Wesentliche Regelungsinhalte

Regelungsinhalt für alle drei grenzüberschreitenden Umgründungsarten sind im Wesentlichen

  1. die beim Umgründungsvorgang zu erstellenden Unterlagen und deren Offenlegung: Kernstück sind die Form und der Inhalt des Umwandlungs,- Verschmelzungs- bzw Spaltungplans, jeweils aus österreichischer Sicht.
  2. die Information der Gesellschafter und der Arbeitnehmer: Das jeweilige Leitungsorgan der Gesellschaft hat einen Bericht zu erstellen, in dem die rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekte der grenzüberschreitenden Umgründung dargestellt und begründet sowie ihre Auswirkungen auf die Arbeitnehmer erläutert werden.
  3. die Beschlussfassung sowie das Firmenbuchverfahren: Das jeweilige Leitungsorgan der Gesellschaft hat die beabsichtigte Umgründung zur Eintragung beim Gericht, in dessen Sprengel die Gesellschaft ihren Sitz hat, anzumelden. Das zuständige Firmenbuchgericht hat die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften - einschließlich der Regelungen zur Arbeitnehmermitbestimmung – zu prüfen.
  4. Der Gesellschafter- und Gläubigerschutz wird durch Regelungen zur Barabfindungen und deren Überprüfung sowie zur Sicherheitsleistung ergänzt.   

Das EU-UmgrG sieht zum Teil richtlinienbedingt strengere Regelungen (zB längere Fristen und strengere Offenlegungsbestimmungen) als das innerstaatliche Verschmelzungs-, Spaltungs- und Umwandlungsrecht vor. Für den Fall, dass es sich um eine Gesellschaft mit einem einzigen Gesellschafter handelt oder wenn alle Gesellschafter auf bestimmte Regelungen verzichten, kommen vereinfachte Regelungen zur Anwendung (zB Entfall der Prüfung der Umgründung durch einen externen Prüfer sowie durch den Aufsichtrat, Entfall der Bereitstellung von Unterlagen).

Missbrauchskontrolle

Eine unionsrechtliche Neuerung ist die in § 27 Abs 7 EU-UmgrG geregelte Missbrauchskontrolle, die künftig bei allen drei grenzüberschreitenden Umgründungsarten durch die zuständige Behörde des Wegzugsmitgliedstaates (in Österreich: durch das Firmenbuchgericht) zu erfolgen hat. Das Gericht hat anhand der Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob die Umwandlung beispielsweise zur Umgehung von nationalen Arbeitnehmerrechten, Sozialversicherungszahlungen, von Steuerpflichten, von Gläubigerforderungen oder zu kriminellen Zwecken dient. Bei Fehlen von konkreten Anhaltspunkten aus der Anmeldung sowie den vorgelegten Informationen kann das Gericht aber grundsätzlich davon ausgehen, dass kein Missbrauch vorliegt; es muss dann keine weiteren Untersuchungsschritte vornehmen. Das Gericht hat binnen 3 Monaten über die Anmeldung zu entscheiden. Damit ist aber keine Genehmigungsfiktion verbunden, wenn das Gericht nicht binnen dieser Frist entscheidet.

Ausblick

Es ist zu erwarten, dass es durch den neuen einheitlichen Rechtsrahmen und der Stärkung des Schutzes der Arbeitnehmer, Gläubiger und Minderheitsgesellschafter der beteiligten Gesellschaften zu einer erhöhten Mobilität von Kapitalgesellschaften innerhalb der EU kommen wird. 
 

AutorIn

Peter Stiegler

Rechtsanwalt