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Crypto Art – Millionen für JPEGs

25.03.2021 - Lesezeit: 4 Minuten

AutorIn

Helene Rohrauer

Rechtsanwältin (derzeit in Karenz)

In letzter Zeit hat der Verkauf von Crypto Art für viele Furore in der Kunstwelt gesorgt. In etwa wurde das rein digitale Kunstwerks „Everydays: The First 5000 Days“ von dem Künstler Beeple um den Rekordpreis von 69 Millionen Dollar durch das Auktionshaus Christie's in New York versteigert. Der Verkauf des ersten Tweets durch Twitter-CEO Jack Dorsey um 2,4 Millionen heizte die Stimmung rund um die Non-Fungible Tokens (NFT) zusätzlich an. Grund genug NFTs und der Crypto Art einen Beitrag zu widmen.

Was ist Crypto Art?

Der Handel von Crypto Art funktioniert an Hand sogenannter Non-Fungible Tokens (NFTs). NFTs geben Künstlern die Möglichkeit ihre digitalen Werke mit Einzigartigkeitsgarantie zu verkaufen, indem sie auf die Blockchain-Technologie zurückgreifen. Eine Blockchain ist eine fortlaufende, digitalisierte Aufzeichnung von Transaktionen. Vergangene Transaktionen werden aber nicht gelöscht, sondern, ähnlich wie eine Perlenkette, aneinandergefügt. Vereinfacht gesagt handelt es sich um eine Kette von digitalen Datenblöcken, welche die jeweiligen Transaktionen darstellen.

Der Unterschied zur Kryptowährung ist, dass der Token aber nicht fungibel, also austauschbar, ist, sondern ein ganz konkretes Asset, in unserem Fall ein digitales Kunstwerk, repräsentiert. Die Tokens sind also einmalig, können nicht repliziert oder zerstört werden. Sie existieren in der digitalen Welt, werden über die Blockchain signiert und können somit einem Besitzer eindeutig zugeordnet werden. Darüber hinaus können in der Blockchain für den Kunstmarkt auch durchaus relevante Informationen zur Authentizität und Provenienz des jeweiligen Kunstwerkes dokumentiert werden. 

Welche Rechte sind mit dem Kauf von NFTs verbunden?

Gleich vorwegzunehmen ist, dass die erst in den letzten Jahren entstandene Crypto Art bisher rechtlich kaum geregelt ist. Vieles ist unklar und wird erst in den nächsten Jahren rechtlichen Niederschlag finden. Es verwundert daher auch nicht, wenn das Auktionshaus Christie’s in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu NFTs von Käufern das Zugeständnis abverlangt, dass sie sich der erheblichen Unsicherheiten hinsichtlich der Kategorisierung von NFTs und anderen digitalen Vermögenswerten nach geltendem Recht bewusst sind.

Doch welche Rechte sind nun mit NFTs verbunden und was macht die Blockchain-Technologie für den digitalen Kunstmarkt so neuartig? Während ein Gemälde, eine Zeichnung oder eine Skulptur zweifelsohne als Unikate gelten [kann/gilt], hatte digitale Kunst bisher das Problem, dass sie eben nicht nur ein einziges Mal existierte, sondern uneingeschränkt durch Kopieren ihres Binärcodes vervielfältigt werden konnte. Dementsprechend schwierig gestaltete sich auch die Veräußerung von digitalen Kunstwerken.

Die Blockchain-Technologie bietet nunmehr die Möglichkeit auch digitale Kunst einzigartig oder zumindest limitierbar zu machen. Digitale Kunstwerke können somit ähnlich wie Picasso-Gemälde und Koons-Skulpturen besessen und weiterveräußert werden. Darauf beschränken sich die mit NFTs verbundene Rechte aber im Wesentlichen auch. Denn abgesehen vom Erwerb der Bilddatei und dem zugehörigen NFT sind üblicherweise keine weiteren Nutzungsrechte oder Verwertungsrechte mit NFTs verbunden. Viele digitale Kunstwerke, wie in etwa auch die Collage von Beeple, sind im Internet frei zugänglich und können jederzeit angesehen und auch weiterhin dupliziert, kopiert und verbreitet werden. 

Digitale Kunst als Original?

Hinsichtlich der Frage, ob digitale Kunst als Original bezeichnet werden kann, scheiden sich die Geister. In der Literatur wird vielfach die Meinung vertreten, dass die Möglichkeit der schier endlosen Reproduktion eines digitalen Kunstwerkes der Einzigartigkeit und Originaleigenschaft entgegensteht. Anhänger der NFTs wiederrum behaupten, dass NFTs genau das verhindern und digitale Kunst durch NFTs zum Original bzw. zum Unikat gemacht werden kann. Argumentiert wird, dass auch materielle Kunst vielfach reproduziert werden kann. In etwa findet sich „Der Kuss“ von Klimt in vielen Wohnzimmern und auch auf anderen sonderbaren Objekten wieder, Original gibt es allerdings nur eines. 

Wiederrum andere stehen dieser Argumentation skeptisch gegenüber und behaupten, dass NFTs nur vorgaukeln, ein Original zu sein, und dass es sich bei dem NFT-Hype nur um eine künstliche Verknappung digitaler Inhalte handle. Tatsächlich muss es von einem Werk nicht nur ein NFT geben, sondern kann es auch mehrere geben. Dies ist zum Beispiel bei Musik häufig der Fall. 

Rein rechtlich betrachtet muss allein die Tatsache, dass es zu einem digitalen Kunstwerk mehrere NFTs gibt, noch nicht zwingend dazu führen, dass einem digitalen Kunstwerk seine Eigenschaft als Original abgesprochen wird. Nach der gesetzlichen Definition des Originals in § 16b Urhebergesetz gelten Kunstwerke auch dann als Originale, wenn sie vom Urheber selbst oder unter seiner Leitung in begrenzter Auflage hergestellt worden sind. Im Detail ist hier allerdings noch vieles unklar, in etwa, wie viele Auflagen es geben darf, um noch von einem Original sprechen zu können.

Diskutiert werden kann die Frage des Originals auch im Zusammenhang mit einem erst kürzlich eingetretenen Fall. Kunstaktivisten haben ein Bild von Banksy gekauft, digitalisiert und dann verbrannt. Das Bild gibt es nur noch in digitaler Form als NFT und wird zurzeit auf der Seite OpenSea versteigert. Kann man in diesem Fall noch von einem Original sprechen? Wohl eher nicht. Der Fall zeigt aber auch, dass die Frage des Originals in der Crypto Art keine allzu große Rolle spielen dürfte. Im Vordergrund scheint doch die Limitierung von Inhalten zu stehen.  

Digitale Kunst und Urheberrecht?

Grundsätzlich stellt sich natürlich auch die Frage, ob digitale Kunst überhaupt urheberrechtlichen Schutz genießen kann. Im Gegensatz zu herkömmlicher Kunst handelt es sich bei digitaler Kunst um Kunst, die nur durch die spezifischen Eigenschaften digitaler Medien möglich geworden ist. Dies schließt aber nicht aus, dass das Werk nicht als eigentümliche geistige Schöpfung im Sinne des § 1 Urhebergesetz qualifiziert werden und somit auch urheberrechtlichen Schutz genießen kann. Grundsätzliche Voraussetzung ist aber, dass etwas geschaffen werden muss, das auf einer auf Gestalten gerichteten Tätigkeit eines Menschen beruht. Dies wäre etwa dann nicht der Fall, wenn ein Werk ohne das gestaltende Eingreifen eines Menschen allein von einem Computer hergestellt werden würde. Rein computergenerierte Kunst genießt also grundsätzlich keinen urheberrechtlichen Schutz.

Selbstverständlich setzt der Schutz nach dem Urheberrecht auch eine gewisse Schöpfungshöhe voraus. Das wird bei digitalen Gütern nicht immer der Fall sein. Auch der urheberrechtliche Schutz von Tweets ist fraglich und einzelfallabhängig. Festzuhalten ist aber, dass der urheberrechtliche Schutz von Tweets von deutschen Gerichten vereinzelt bejaht wurde. 

Für den Schöpfer digitaler Kunst bringt urheberrechtlicher Schutz viele Vorteile. Das Urheberrecht gewährt dem Schöpfer sowohl Ausschließlichkeitsrechte als auch Urheberpersönlichkeitsrechte. Zudem gewährt das Folgerecht dem Künstler unter bestimmten Voraussetzungen einen bestimmten Anteil am Gewinn bei jeder Weiterveräußerung seines Kunstwerks. Für Urheber ist allerdings Vorsicht geboten. Viele Rechte, wie in etwa das Folgerecht, knüpfen an das Vorliegen eines Originals an. Aber auch hier kann die Blockchain Abhilfe schaffen. Über die Blockchain können die Urheber nämlich sicherstellen, dass sie bei jedem weiteren Verkauf an der Verkaufssumme beteiligt werden.

Ausblick

Die Schlagzeilen der letzten Zeit, wonach Rekordsummen für JPEGs, Tweets und Co geboten wurden, mögen absurd wirken. Die kontroversen Diskussionen zu NFTs und Crypto Art zeigen wie viel rechtliche und tatsächliche Unsicherheit und offene Fragen zu den mit NFTs und Crypto Art verbundenen Rechten noch bestehen. Dennoch, wer Crypto Art als kurzlebigen Hype abstempelt, verkennt das immense Potential, das die Blockchain-Technologie für Künstler, Käufer und Veräußerer bereithält. Die künftigen Entwicklungen bleiben mit Spannung abzuwarten.
 

AutorIn

Helene Rohrauer

Rechtsanwältin (derzeit in Karenz)