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COVID-19 Update: Insolvenzantragspflicht

23.10.2020 - Lesezeit: 4 Minuten

AutorIn

Elisabeth Fischer-Schwarz

Rechtsanwältin

Bereits zu Beginn der Corona Krise im März 2020 hat der Gesetzgeber diverse insolvenzrechtliche Maßnahmen beschlossen, um die Folgen der Corona Pandemie für die österreichische Wirtschaft abzuschwächen. Da die Corona Pandemie nach wie vor weitreichende wirtschaftliche Folgen für Unternehmen und UnternehmerInnen bis hin zur möglichen Insolvenz hat, hat der Gesetzgeber nun weitere Maßnahmen im Bereich des Insolvenzrechts ergriffen. 

Wann liegt Insolvenz vor und was ist zu tun?

Es stellt sich die Frage, ob aufgrund ausbleibender Umsätze aus kurzfristigen Liquiditätsschwierigkeiten eine insolvenzrechtlich relevante Zahlungsunfähigkeit oder Überschulung entsteht, wodurch die geschäftsführenden Personen gemäß § 69 Abs 2 Insolvenzordnung („IO“) die Pflicht trifft, unverzüglich, längstens binnen 60 Tagen, einen Insolvenzantrag zu stellen. Gemäß § 69 Abs 2a IO verlängert sich die Frist auf 120 Tage, sofern die Zahlungsunfähigkeit durch eine Naturkatastrophe eingetreten ist. Bereits zu Beginn der Corona Krise hat der Gesetzgeber klargestellt, dass es sich auch bei einer Epidemie oder Pandemie um eine Naturkatastrophe im Sinne des § 69 Abs 2a IO handelt. Das hat zur Folge, dass die Frist zur Stellung eines Insolvenzantrags 120 Tage beträgt, wenn die Zahlungsunfähigkeit durch die Corona Pandemie verursacht wurde. 

Vor allem Zahlungsunfähigkeit gemäß § 66 IO kann in der derzeitigen Situation drohen oder eintreten. Zahlungsunfähigkeit bedeutet, dass der Schuldner mangels bereiter Zahlungsmittel nicht in der Lage ist, seine fälligen Schulden zu bezahlen und sich die erforderlichen Zahlungsmittel voraussichtlich auch nicht alsbald verschaffen kann. Das ist der Fall, wenn der Unternehmer mehr als 5 % seiner fälligen Schulden nicht bezahlen kann.

Keine Insolvenzantragspflicht besteht bei einer bloßen Zahlungsstockung. Eine Zahlungsstockung liegt vor, wenn der Schuldner sich die zur Begleichung seiner Schulden notwendigen finanziellen Mittel mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald beschaffen kann. Der Zeitrahmen hierfür beträgt höchstens 3 Monate.

Eine insolvenzrechtliche Überschuldung liegt vor, wenn kumulativ ein negativer Vermögensstatus zu Liquidationswerten (rechnerische Überschuldung) und eine negative Fortbestehensprognose gegeben sind. Zur Verhinderung einer Lawine an Unternehmensinsolvenzen hat der österreichische Gesetzgeber im Zuge der Corona Pandemie die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags wegen Überschuldung nunmehr bis zum 31.1.2021 ausgesetzt:

Während des Zeitraums von 1.3.2020 bis 31.1.2021 ist ein Schuldner nicht verpflichtet einen Antrag auf Insolvenzeröffnung wegen bestsehender Überschuldung zu stellen, sofern er zahlungsfähig ist. Besteht die Überschuldung über den 31.1.2021 hinaus, so hat der Schuldner die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ohne schuldhafte Verzögerung, spätestens aber innerhalb von 60 Tagen nach Ablauf des 31.1.2021 oder 120 Tage nach Eintritt der Überschuldung, je nachdem welcher Zeitraum später endet, zu beantragen.

Welche Möglichkeiten und Maßnahmen stehen zur Verfügung?

Insolvenzverfahren ist nicht gleich Insolvenzverfahren. Es besteht auch die Möglichkeit ein Sanierungsverfahren mit oder ohne Eigenverwaltung zu beantragen. Zentrale Voraussetzung ist, dass der Schuldner im Stande ist, seinen Gläubigern eine Quote von mindestens 20 % ihrer Forderungen, zahlbar binnen 2 Jahren, anzubieten und, dass der angebotene Sanierungsplan von den Gläubigern auch angenommen wird. 

Um ein Insolvenzverfahren überhaupt abzuwenden, gilt es, die Möglichkeiten und Maßnahmen zu kennen und zu prüfen. In einem ersten Schritt ist, gegebenenfalls unter Beiziehung eines Rechtsanwalts und Steuerberaters, zu prüfen, ob tatsächlich bereits Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist.

Die wichtigsten Maßnahmen zur Beseitigung einer allfälligen Zahlungsunfähigkeit sind:

  • Schriftliche Stundungsvereinbarungen mit Gläubigern (nur fällige Schulden sind für die Zahlungsunfähigkeit relevant); insbesondere mit Banken, Lieferanten und anderen wichtigen (großen) Gläubigern.
  • Prüfung, welche staatlichen Beihilfen in Anspruch genommen werden können. Aufgrund der Corona Krise hat die Regierung staatliche Unterstützung in unterschiedlicher Form (Steuerstundungen, Garantien und Haftungen für Kreditbesicherungen, sowie Nothilfe für besonders hart betroffene Brachen) zur Verfügung gestellt. Im September 2020 startete etwa die zweite Phase des Fixkostenzuschusses, in der Fixkosten bereits ab 30 % Umsatzrückgang beantragt werden können.
  • Neue Finanzierungen durch Banken oder durch Gesellschafter, gegebenenfalls Umschuldung von bestehenden Finanzierungen.

AutorIn

Elisabeth Fischer-Schwarz

Rechtsanwältin