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COVID-19: Haftungen für Überbrückungsfinanzierungen für die Hotel- und Tourismuswirtschaft

06.04.2020 - Lesezeit: 5 Minuten

Zum Ausgleich von Liquiditätsengpässen, die aufgrund kurzfristiger Rückgänge der Umsatzerlöse entstanden sind, werden von der Österreichische Hotel- und Tourismusbank Ges.m.b.H. (ÖHT) Haftungen für Überbrückungsfinanzierungen für die Hotel- und Tourismuswirtschaft zu Verfügung gestellt.

Für die ÖHT-Haftung ist keine Sicherheit beizubringen.[1] Der Haftungsnehmer hat die Möglichkeit „allenfalls wiederausnutzbare und/oder neue Sicherheiten“ zur Bedeckung des (zumindest) 20%-igen Eigenrisikos heranzuziehen.[2]

Eine Abtretung der (bedingten) Forderungen gegen die ÖHT (die Haftung besteht nur gegen den Haftungsnehmer, das ist in der Regel die Bank) ist nicht ohne Zustimmung der ÖHT zulässig.

Im Einzelnen:

In Punkt 4.1.10. (Überbrückungsfinanzierungen) der ÖHT-Richtlinien ist das COVID-19 bezogene Regime für Haftungen zur Bereitstellung von Überbrückungsfinanzierungen für die Hotel- und Tourismuswirtschaft (zusätzliches Fremdkapital das zur Finanzierung von Betriebsmitteln, das vor dem Hintergrund der aktuellen COVID-19-Krisensituation zum Ausgleich von Liquiditätsengpässen, die aufgrund kurzfristiger Rückgänge der Umsatzerlöse entstanden sind, dient) geregelt.[3]

Voraussetzung für die Haftungsübernahme ist, dass (a) kein Restrukturierungsbedarf im Sinne der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung nicht finanzieller Unternehmen in Schwierigkeiten in der jeweils geltenden Fassung, zuletzt ABl. Nr. C 249 vom 31.7.2014, S. 1 ff. vorliegt und (b) ein erwarteter Rückgang der Umsatzerlöse von mindestens 15% im Vergleich zum Vorjahr. Die Haftung beträgt maximal 3 Jahre (Abschnitt 9 – Laufzeit und Kündigung der Haftung)

Gemäß 3. Paragraph des Abschnitt 10 (Art und Umfang) Abs 2 der ÖHT-Richtlinien beträgt die Haftungsquote bis zu 80 % des zur Verfügung gestellten Fremdkapitals wobei die Haftungsquote im Haftungsangebot ausdrücklich festzuhalten ist. „Unter bestimmten Voraussetzungen“ kann die Haftungseinräumung an die Bedingung geknüpft werden, dass Kreditrückzahlungen oder Kapitalabschichtungen zuerst auf den mit einer Haftung besicherten Teil des Kapitals angerechnet werden (Abschnitt 10 Abs 2 letzter Paragraph ÖHT-Richtlinien). Haftungsansprüche der Bank (in den ÖHT-Richtlinien als „Fördernehmer“ bezeichnet) gegen die ÖHT dürfen nur mit Zustimmung der Bank abgetreten werden (Abschnitt 10 Abs 3 ÖHT-Richtlinien).

Bei Eintritt des Haftungsfalles wird dem Kapitalgeber der trotz Ausschöpfung aller übrigen Sicherheiten erlittene Forderungsausfall in Höhe der Haftungsquote abgegolten.

Der Haftungsnehmer hat den Förderwerber im Finanzierungsvertrag u.a. zu verpflichten vor jeder Kreditgewährung an Unternehmen oder Personen, die an seinem Unternehmen beteiligt sind, oder an Unternehmen, an denen er zu mehr als 50 % beteiligt ist, sowie vor jeder Übernahme einer Haftung für Verbindlichkeiten der vorgenannten Unternehmen oder Personen das Einvernehmen mit der ÖHT herzustellen, sofern diese Kreditgewährung oder Haftungsübernahme als im Geschäftsbetrieb ungewöhnlich anzusehen ist (vgl Punkt 20.1 – Verpflichtungen des Fördernehmers; neben weiteren Beschränkungen bestehen auch umfassende Beschränkungen in Bezug auf Umstrukturierungen).

Die den in Punkt 20.3. der ÖHT-Richtlinien geregelten Verpflichtungen des Haftungsnehmers gibt es u.a. die Verpflichtungen, dass der Haftungsnehmer (a) zumindest die in Abstimmung mit der ÖHT festgelegten Sicherheiten hereinnimmt, (b) vor Fälligstellung des mit einer Haftung besicherten Kapitals mit der ÖHT das Einvernehmen herstellt, (c) für die Verbuchung des mit einer Haftung besicherten Kapitals ein auf den Namen des Förderungsnehmers lautendes Konto separato einrichtet und u.a. diesem Konto auch alle Erlöse aus der Verwertung von Sicherheiten diesem Konto gutgeschrieben werden und (d) die Verwertung von Sicherheiten, die für den mit einer Haftung besicherten Kredit bedungen und zugunsten des Haftungsnehmers bestellt wurden, im Einvernehmen mit der ÖHT vornimmt.

Beihilfenrechtliche Voraussetzungen

Die beihilfenrechtliche Zulässigkeit eine Garantieübernahme in Kombination mit einer (Überbrückungs-)finanzierung ist auf die Übereinstimmung mit den beihilferechtlichen Rahmenbedingungen zu prüfen.

Die Kommission wird staatlichen Beihilfen in Form neuer staatlichen (Darlehens-)Garantien auf der Grundlage des Artikels 107 Absatz 3 lit b AEUV grundsätzlich dann als mit dem Binnenmarkt vereinbar ansehen, wenn Folgende Voraussetzungen vorliegen: [4]

  • Für die Garantieprämien werden die folgenden Mindestwerte eingehalten (Alternativ können die Mitgliedstaaten Regelungen anmelden und dabei obige Tabelle als Grundlage verwenden, wobei Laufzeit, Preisfestsetzung und Umfang der Garantie moduliert werden können; zB geringerer Garantieumfang als Ausgleich für eine längere Laufzeit):

Kreditrisikomarge für Darlehenslaufzeiten

 1 Jahr2-3 Jahre4-6 Jahre
KMU25 bps50 bps100 bps
große Unternehmen50 bps100 bps200 bps
  • Die Garantie wird spätestens am 31.12.2020 gewährt.
  • Bei Darlehen, die länger laufen als bis zum 31. Dezember 2020, darf der Darlehensbetrag nicht höher sein als,
    • die doppelte jährliche Lohnsumme des Empfängers (einschließlich Sozialversicherungsbeiträgen und Kosten für Personal, das am Standort des Unternehmens arbeitet, aber formal auf der Lohn- und Gehaltsliste von Subunternehmen steht) für das Jahr 2019 oder das letzte verfügbare Jahr. Bei Unternehmen, die am oder nach dem 1. Januar 2019 gegründet wurden, darf der Darlehensbetrag die geschätzte jährliche Lohnsumme für die ersten beiden Betriebsjahre nicht übersteigen;
    • 25 % des Gesamtumsatzes des Empfängers im Jahr 2019; oder
    • in angemessen begründeten Fällen kann der Darlehensbetrag auf der Grundlage einer Selbstauskunft des Empfängers zu seinem Liquiditätsbedarf erhöht werden, um den Liquiditätsbedarf ab dem Zeitpunkt der Gewährung für die kommenden 18 Monate bei KMU bzw. für die kommenden 12 Monate bei großen Unternehmen zu decken.
  • Bei Darlehen mit einer Laufzeit bis zum 31.12.2020 kann der Darlehensbetrag in angemessen begründeten Fällen höher sein als in (iii) beschrieben, sofern die Verhältnismäßigkeit der Beihilfe gewährleistet bleibt.
  • Die Laufzeit der Garantie ist auf maximal sechs Jahre begrenzt, und die staatliche Garantie deckt höchstens
    • 90% des Darlehensbetrags, wenn Verluste anteilig und zu gleichen Bedingungen vom Kreditinstitut und vom Staat getragen werden; oder
    • 35 % des Darlehensbetrags, wenn Verluste zunächst dem Staat und erst dann den Kreditinstituten zugewiesen werden (Erstausfallgarantie); und in beiden genannten Fällen (a und b) gilt, dass der von der Garantie abgedeckte Betrag anteilig sinken muss, wenn der Darlehensbetrag im Laufe der Zeit beispielsweise aufgrund einer einsetzenden Rückzahlung sinkt.
  • Die Garantie kann sowohl für Investitions- als auch für Betriebsmittelkredite gewährt werden.
  • Die Garantie kann Unternehmen gewährt werden, die sich am 31.12.2019 nicht in Schwierigkeiten befanden (im Sinne der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung); sie kann Unternehmen gewährt werden, die sich nicht in Schwierigkeiten befinden, und/oder Unternehmen, die sich am 31.12.2019 nicht in Schwierigkeiten befanden, aber aufgrund des COVID-19-Ausbruchs danach Schwierigkeiten hatten oder in Schwierigkeiten geraten sind.

[1]      vgl FAQ für Banken per 4.4.2020 (https://www.oeht.at/produkte/coronavirus-massnahmenpaket-fuer-den-tourismus/): „Wir begehren für unsere Haftung keinerlei Sicherheiten. Es werden weder dingliche Sicherheiten, noch persönliche Haftungen der Unternehmerin/des Unternehmers hereingenommen. Damit ermöglichen wir ausdrücklich, dass unsere Partnerinstitute allenfalls wiederausnutzbare und/oder neue Sicherheiten zur Bedeckung ihres 20%igen Eigenrisikos heranziehen können.“.      

[2]      Die Überbrückungsfinanzierung der Hausbank wird zu 80% mit einer Bundeshaftung der Republik Österreich abgesichert. Dies bedeutet, dass für diesen Kreditteil gemäß CRR (Capital Requirements Regulation) keine Eigenkapitalhinterlegung erforderlich ist und dass für diesen Kreditteil seitens der ÖHT auch keine weiteren Sicherheiten ausbedungen werden (vgl FAQ für Unternehmen und gesondert für Banken per 4.4.2020, https://www.oeht.at/produkte/coronavirus-massnahmenpaket-fuer-den-tourismus/).      

[3]      Die Beantragung erfolgt durch ein Online-Formular auf der Website der ÖHT (www.oeht.at). Das Coronavirus-Maßnahmenpaket für den Tourismus kann nicht mit anderen ÖHT Förderprodukten kombiniert werden. In den FAQ für Banken per 4.4.2020 wird folgendes zu den Prüf- und Gestionierungspflichten im Kontext der Antragstellung festgehalten: „Auch die Prüfung der Fördervoraussetzungen (insbesondere die geforderte zumindest teilweise Erfüllung der URG-Kriterien, die Mitgliedschaft in der WKO- BSTF und das Vorliegen einer aufrechten Gewerbeberechtigung} wird von ÖHT übernommen und obliegt daher unserer Verantwortung.“

[4]      Befristeter Rahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft angesichts des derzeitigen Ausbruchs von COVID-19, Mitteilung der Kommission vom 19.3.2020 C(2020) 1863 final, Rn 24 ff.