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COVID-19: Finance Update – Best Practice Finance / LMA Finanzierungen

06.04.2020 - Lesezeit: 6 Minuten

AutorIn

Florian Kranebitter

Partner

Im Kontext der aktuellen COVID-19-Pandemie hat die Loan Market Association (LMA) erste Briefings veröffentlicht, die den offensichtlichen Handlungsbedarf im Zusammenhang mit laufenden LMA / LMA-„a-like“ basierenden Finanzierungen beleuchten. Die angesprochenen Themen sind für die Kreditgeber- und Kreditnehmerseite unabhängig vom Finanzierungsformat von allgemeinem Interesse.

Die Loan Market Association (LMA) erste Briefings veröffentlicht, wobei sich zwei Briefings (leveraged finnace und investment grade lending) mit den unmittelbaren und evidenten Herausforderungen und Themenstellungen aufgrund der COVID-19-Pandemie aus (laufenden) Finanzierungen beschäftigen, und ein Briefing mit den praktischen Beschränkungen des mit der COVID-19-Pandemie verbundenen physical-distancing.

Schlüsselfaktoren und Schlüsselüberlegungen im Kontext von Finanzierungen

Die LMA identifiziert im Kontext des investment grade lending Kategorien von Schlüsselfaktoren und Schlüsselüberlegungen, die für Finanzierungen auch generalisierungsfähig sind:

  • die Erhaltung der Liquidität (maintaining liquidity);
  • die Überwachung der Performance des Kreditnehmers (monitoring performance); und
  • das Erfordernis erhöhter Flexibilität (additional flexibility)

Bei allen diesen drei Kategorien gibt es gemeinsame und divergierend Interessen der Kreditgeber- und der Kreditnehmerseite, wobei innerhalb der einzelnen Kategorien insbesondere folgende kreditvertragstypischen Regelungsbereichen Handlungsbedarf hervorrufen werden:

LiquiditätserhaltungPerformanceFlexibilität
neue Kreditlinien und Ausdehnung und Erweiterung von bestehenden KreditlinienBerichtspflichtenZusicherungen
(maximale) Ausschöpfung / Inanspruchnahme von bestehenden Kreditlinienerweiterte Inanspruchnahme von InformationsrechtenCovenants
Übermittlung von Inanspruchnahme-SchreibenImplikationen für die Bewertung / PricingMaterial Adverse Change (MAC)
Definition der Bankarbeitstage und allfällige Einschränkungen der tatsächlichen Verfügbarkeit von Banksystemen aufgrund COVID-19 andere Events of Default (EODs)
  Verpflichtung zur Mitteilung über (mögliche) Events of Default
  Amendments & Waivers

Form und physical-distancing

Wie eingangs erwähnt befasst sich die LMA in einem ihrer Briefings auch mit der praktischen Seite des aktuellen physical-distancing. Im Zentrum der Fragestellung steht, inwiefern und in welcher Form in verschiedenen Jurisdiktionen Unterschriften wirksam durch einen Austausch von Unterschriftsseiten via E-Mail, Unterschrifts-Vorlagen im JPEG-Format oder in vergleichbaren Formaten oder via E-Signing-Plattformen geleistet werden können. Die Frage der Wirksamkeit von Unterschriften und damit verbundenen Erklärungen ist dabei nicht nur für den Abschluss von Kreditverträgen, sondern auch für Anpassungen sowie für aktuell besonders relevante Waiver von Interesse. Die LMA diskutiert aus praktischer Sicht vor allem die folgenden drei Formen:

  • Austausch von unterzeichneten pdf-Dokumenten: Das Dokument wird per E-Mail versendet, vom Empfänger ausgedruckt und unterfertigt und anschließend wiederum als pdf-Datei an den Absender retourniert.
  • Einsetzen von gespeicherten Unterschriften: Eine elektronische Abbildung der Unterschrift des Unterzeichners wird beispielsweise in den Formaten jpeg, tif oder pdf abgespeichert und bei Bedarf auf die Unterschriftenseite eines in elektronischer Form vorliegenden Dokuments eingefügt.
  • Plattformen für elektronische Signatur: Bei dieser Form bedienen sich die Vertreter der Parteien des (Cloud-)Dienstes eines Dritten (Plattformbetreiber). Die Autorisierung der Signataren kann auf unterschiedliche Weise überprüft werden. Zum Beispiel durch Versenden einer E-Mail an die Adresse des Signatars durch den Plattformbetreiber mit welcher der Signatar zum Signieren – beispielsweise durch Anklicken eines Links wodurch eine Rückbestätigung erfolgt – aufgefordert wird. Nachdem alle Signataren in dieser Form gezeichnet haben wird durch den Dritten eine Urkunde in elektronischer Form erstellt, die die computergenerierten Unterschriften aller Signataren trägt. Die unterfertigte Urkunde erhält zum Schutz vor nachträglicher Veränderung ein digitales Siegel.

Die LMA hat auf ihrer Website rechtliche Einschätzungen der Zulässigkeit und Wirksamkeit derartiger Unterschriftsleistungen für zahlreiche Jurisdiktionen, darunter beispielsweise Deutschland veröffentlicht. Für Deutschland wird im Grundsatz vertreten, dass alle drei Formen der Unterschriftsleistung wirksam sind, wobei einschränkend darauf hingewiesen wird, dass für bestimmte Geschäfte die eigenhändige (handschriftlich) Unterfertigung, allenfalls auch unter Beiziehung eines Notars, erforderlich ist. Letzteres Erfordernis gilt insbesondere im Zusammenhang mit Sicherungsgeschäften wie beispielsweise für die Verpfändung (diesbezüglich besteht ein Unterschied zur Rechtslage in Österreich) oder Übertragung von GmbH-Anteilen oder Liegenschaften. Diesbezügliche Erklärungen können also nicht alleine mittels einer dieser drei Unterschriftsformen abgegeben werden. Erklärungen für welche das Gesetz oder der Vertrag (nur) eigenhändige Unterschriftenleistung vorsehen, können jedoch grundsätzlich durch eine elektronische Signaturen wirksam abgegeben werden, sofern es sich um eine qualifizierte elektronische Signatur nach Maßgabe der Verordnung EU 910/2014 (eIDAS Verordnung) handelt.

Aus österreich-rechtlicher Sicht ist davon auszugehen, dass überall dort wo gesetzlich für die Gültigkeit einer Erklärung deren Schriftlichkeit verlangt wird, grundsätzlich eine eigenhändige Unterschrift zwingend ist. Daneben bestehen auch strengere Formvorschriften bzw. existieren Ausnahmen vom strengen Gebot der eigenhändigen Unterschrift. Der OGH hat beispielsweise im Zusammenhang mit dem Schriftlichkeitsgebot für Bürgschaftserklärungen bestätigt, dass die Übermittlung einer unterfertigten Bürgschaftserklärung per Telefax dem Formerfordernis genügt. Obwohl dazu keine gesicherte Rechtsprechung besteht, wird in der Literatur auf dieser Grundlage die Ansicht vertreten, dass auch der Austausch von Unterschriftenseiten via E-Mail der Schriftform genügt.

Ob eine Unterfertigung durch Einsetzen von gespeicherten Unterschriften wirksam ist, muss jeweils im Einzelfall geprüft werden und ist die Wirksamkeit am Zweck der Formvorschrift zu messen, sodass diesbezüglich keine verallgemeinerungsfähige Aussage getroffen werden kann.

Die qualifizierter elektronischer Signatur erfüllt hingegen das rechtliche Erfordernis einer eigenhändigen Unterschrift und kann daher in all jenen Fällen angewendet werden, in denen im österreichischen Recht (Hand- bzw. Unter-)Schriftlichkeit vorgesehen oder vertraglich vereinbart ist. Gewisse Ausnahmen von diesem Grundsatz sieht jedoch § 4 Abs 2 Bundesgesetz über elektronische Signaturen (Signaturgesetz – SigG) vor. Bei der Übertragung von Geschäftsanteilen an einer GmbH oder der Verpfändung einer Liegenschaft entfaltet die elektronische Signatur nicht die Rechtswirksamkeit der Schriftlichkeit. Möglich ist hingegen eine Bürgschaftserklärung im gewerblichen, beruflichen oder geschäftlichen Kontext mittels elektronischer Signatur zu unterfertigen (§ 4 Abs 2 Zif 4 SigG).

Im Ergebnis ist aus praktischer Sicht, insbesondere auch aufgrund der Vielzahl von Parteien und Jurisdiktionen, die typischerweise an Finanzierungen beteiligt sind, eine klare Regelung dazu zweckmäßig, was – sofern nicht gesetzliche Formvorschriften greifen – von den Parteien von Finanzierungsverträgen als „(Unter-)Schriftlichkeit“ anerkannt wird. Sofern Finanzierungsverträge dazu keine besondere Regelung enthalten (die meisten (Standard LMA) Finanzierungsverträge schweigen dazu), ist im Einzelfall (also beispielsweise im Zusammenhang mit der Abgabe eines Waivers) eine entsprechende Offenlegung und Vereinbarung (zB durch ausdrückliche Rückbestätigung, dass die anderen Parteien (auch) mit der gewählten Alternativform einverstanden sind) zu empfehlen. Dies gilt auch für den Auftrag an eine der Parteien oder deren Vertreter, einzeln eingesammelte Unterschriftenseiten (in physischer oder elektronischer Form) miteinander und mit dem jeweiligen Vertrag zu verbinden und damit mit Wirkung für sämtliche Parteien das maßgebliche „unterfertigte“ Vertragsdokument „herzustellen“. Überlegungen die auch vor COVID-19 ihre Anwendung hatten, aber nunmehr von erheblicherer praktischer Bedeutung sind.

AutorIn

Florian Kranebitter

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