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5 Baurechtsmythen

19.10.2021 - Lesezeit: 5 Minuten

AutorIn

Josef Peer

Rechtsanwalt

Rund um die Thematik des Bauens kursieren einige Mythen in der Bauwelt, die sich hartnäckig halten. Diese reichen von der Annahme, dass geringfügige Abweichungen vom Bebauungsplan kein Problem seien, bis hin zur Annahme, dass der Farbwahl für den Fassadenanstrich keine Grenzen gesetzt sind. Ein kurzer Überblick über 5 gängige Meinungen soll Klarheit darüber schaffen, was beim Bauen wirklich gilt:

Mythos #1: „Beton schafft Tatsachen“

Die Widerstandsfähigkeit von Beton kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Bauvorhaben in aller Regel bewilligungspflichtig sind. Das Baubewilligungsverfahren wird durch schriftlichen Antrag des Bauwerbers eingeleitet, über den die Behörde gemäß § 73 Abs 1 AVG grundsätzlich ohne Aufschub, längstens innerhalb von sechs Monaten zu entscheiden hat. Vereinzelt sehen die Bauordnungen für bestimmte Bauvorhaben auch vereinfachte Baubewilligungsverfahren vor, die etwa durch Erleichterung der bautechnischen Prüfung gekennzeichnet sind. Fakt ist aber, dass allen Bauordnungen immanent ist, dass nicht bewilligte Vorhaben auch amtswegig beseitigt werden können. Insofern ist auch die Widerstandsfähigkeit des Betons enden wollend.

Immerhin: Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen vor, so ist die Bewilligung dem Antragsteller zwingend zu erteilen.

Mythos #2: „Für das Bauen ist immer der Bürgermeister zuständig“

An diesem Mythos ist sogar mehr als „nur“ ein Quäntchen Wahrheit dran.

Grundsätzlich ergibt sich die Zuständigkeit in Angelegenheiten des Baurechts aus den neun länderspezifischen Bauordnungen. Die Baubehörde in erster Instanz ist tatsächlich meist der Bürgermeister; abweichende Zuständigkeiten bestehen im Wesentlichen nur in sogenannten Statutarstädten (zB Wien, Eisenstadt, Graz etc). Diese Zuständigkeit des Bürgermeisters endet mit der Erteilung der Baubewilligung. Weil der innergemeindliche Instanzenzug am „aussterben“ ist, entscheidet über Beschwerden gegen einen erstinstanzlichen Bescheid nun zumeist das jeweilige Landesverwaltungsgericht.

Zusammenfassend kann somit festgehalten werden, dass über Bauansuchen in den meisten Fällen der Bürgermeister zu entscheiden hat, diese Entscheidungskompetenz jedoch im Instanzenzug auf die unabhängigen und weisungsfreien Verwaltungsgerichte übergeht. 

Mythos #3: „Mein Haus darf ich streichen wie ich will“

Vor knapp drei Jahren sorgte etwa ein schwarz gestrichenes Hotel in Salzburg-Maxglan für Aufregung. „Schwarz wie der Tod“ echauffierten sich die Anrainer über die komplett schwarze Fassade und kündigten rechtliche Schritte an. Zu Recht?

Im Zusammenhang mit dem Schutz des Ortsbildes enthalten die neun Bauordnungen allgemeine Vorschriften für die äußere Gestaltung von Bauwerken. So darf in Wien gemäß § 85 Abs 1 „die einheitliche Gestaltung des örtlichen Stadtbildes“ nicht gestört werden. Etwas konkrete Vorgaben können (aber müssen nicht) in Bebauungsplänen enthalten sein: Hier können bestimmte Farbtöne vorgeschrieben werden.

Besonders restriktive Vorschriften sind für Objekte in „historischen Schutzzonen“, wie der Salzburger Altstadt oder der Inneren Stadt Wien, oder gar denkmalgeschützte Objekte vorgesehen. Für diese Objekte sind im Fall baulicher Veränderungen detaillierte Auflagen seitens des Bundesdenkmalamts vorgesehen, um den schützenswerten Bestand zu sichern.

Mythos #4: „Kleine Abweichungen vom Bebauungsplan sind kein Problem“

Kleine Abweichungen vom Bebauungsplan sollte man keinesfalls „auf die leichte Schulter“ nehmen. Die Bauordnungen sehen zwar vor, dass unter bestimmten Voraussetzungen die Bewilligung für ein Bauvorhaben, das vom Bebauungsplan abweicht, zu erteilen ist – dies jedoch in engen Grenzen.

Die Oberösterreichische Bauordnung bestimmt etwa, dass die „Baubehörde […] geringfügige Abweichungen von den Bestimmungen des Bebauungsplanes“ bewilligen kann, sofern davon keine öffentlichen Interessen verletzt werden. Das Gesetz nennt hierbei jedoch keine Prozentzahl als Maß der zulässigen Abweichung.

Letzten Endes liegt es somit bei den Verwaltungsgerichten, zu entscheiden, welche Abweichungen (noch) als geringfügig betrachtet werden können.

Mythos #5: „Die Bauland-Widmung verschafft mir das Recht zu bauen“

Die Widmung als Bauland darf keinesfalls mit der Bebaubarkeit einer Liegenschaft gleichgesetzt werden. Im Hinblick auf die jedem Baubewilligungsverfahren vorgelagerte Frage, ob auch ein „Bauplatz“ vorliegt, stellt die eigentliche Widmung nur einen Teilaspekt dieser Prüfung dar.

Grundsätzlich ist für Erlangung einer Bauplatzbewilligung die „Erschließung“ erforderlich: Die Liegenschaft muss in Anbetracht ihrer Lage, Größe und Form objektiv für die vorgesehene Bebauung geeignet sein. 
Die Bauland-Widmung ist somit nicht gleich zu setzten mit einer Bebaubarkeit. 

AutorIn

Josef Peer

Rechtsanwalt