English

Stichwort suchen

Finden Sie Ihre Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte

Finance Update: Neue Leitlinien in Bezug auf die Anwendung der Green Loan Principles im Real Estate Finance Markt

18.11.2020 - Lesezeit: 5 Minuten

AutorIn

Florian Kranebitter

Partner

In der Europäischen Union sind Gebäude für rund 40% des Energieverbrauchs und etwa 36% der CO2-Emissionen verantwortlich, weshalb sich der Immobiliensektor auch einer der Schlüsselmärkte für grüne und nachhaltige Finanzierungen etablieren kann. Vor diesem Hintergrund konzentriert sich die Kreditmarktbranche zunehmend auf die Entwicklung von Grundsätzen und Rahmenbedingungen, die der Kreditgeber- und der Kreditnehmerseite mehr Verlässlichkeit und Berechenbarkeit in Bezug auf grüne und nachhaltige Investitionen bieten. Die Loan Market Association (LMA) hat im November 2020 neue Leitlinien für die Anwendung der Grundsätze für grüne Kredite (Green Loan Principles - GLP) auf Finanzierungen im Immobiliensektors veröffentlicht.

Nach Angaben der Europäischen Kommission sind in der Europäischen Union Gebäude für etwa 40% des Energieverbrauchs und rund 36% der CO2-Emissionen verantwortlich; darüber hinaus sind etwa 35% der Gebäude in der Europäischen Union jenseits von 50 Jahren alt. Beinahe 75% des Gebäudebestands werden als energieineffizient eingestuft. Die Europäischen Kommission geht davon aus, dass die Sanierung bestehender Gebäude zu erheblichen Energieeinsparungen führen kann, wodurch der Gesamtenergieverbrauch der Europäischen Union um 5 bis 6% und die CO2-Emissionen der Europäischen Union um etwa 5% reduziert werden könnten (https://ec.europa.eu/info/news/new-rules-greener-and-smarter-buildings-will-increase-quality-life-all-europeans-2019-apr-15_de).  Neben den Bemühungen der Europäischen Union die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden zu regulieren (Richtlinie (EU) 2018/844 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie 2010/31/EU über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden und der Richtlinie 2012/27/EU über Energieeffizienz), konzentrieren sich die Kreditmarktteilnehmer zunehmend auf die Entwicklung von allgemeinen Grundsätzen und Rahmenwerken, die sowohl Kreditgebern als auch Kreditnehmern weitere Orientierungshilfen für eine umweltfreundliche (und nachhaltige) Finanzierung bieten.

Die LMA hat diesbezüglich kürzlich zwei Leitlinien für die Immobilienfinanzierung veröffentlicht, einerseits eine Leitlinie für die Anwendung der GLPs auf Immobilienfinanzierungen generell (Guidance on the application of the Green Loan Principles in the real estate finance (REF) investment lending context – Green buildings - Green Building Finance Guideline), andererseits eine Leitlinie für die Anwendung der GLPs auf Immobilienfinanzierungen im speziellen Kontext von Sanierungen bestehender Gebäude (Guidance on the application of the Green Loan Principles in the real estate finance (REF) lending context – Retrofit projects - Retrofit Projects Finance Guideline).

Die den Richtlinien zugrundeliegenden Kernkomponenten stehen im Einklang mit den GLPs, die von der LMA, der Asia Pacific Loan Market Association (APMLA) und der Loan Syndications and Trading Association (LSTA) entwickelt wurden:

  • Verwendung der Kreditvaluta und der Erlöse
  • Verfahren zur Projektevaluierung und -auswahl
  • Verwaltung der Einnahmen
  • Reporting

Green Building Finance

Die Green Building Finance Guideline enthält die folgenden Beispiele, in der “green finance” zur Anwendung kommen kann:

  • Erwerb oder Refinanzierung von umweltfreundlichen Gebäuden oder Portfolios
  • die Finanzierung von Investitionsausgaben für Gebäude, die einen positiven Beitrag zu Umweltzielen leisten
  • Sanierung bestehender Gebäude

Vor dem Hintergrund, dass noch keine allgemeingültige Definition dessen, was ein „grünes Gebäude“ ausmacht, entwickelt worden ist, empfiehlt die Green Building Finance Guideline, dass Kreditgeber und Kreditnehmer sich auf ein Verfahren zur Bestimmung der Förderfähigkeit des betreffenden Gebäudes zu vorher festgelegten Terminen während der Laufzeit des Kredits einigen sollten.

Die LMA listet im Leitfaden beispielhaft auch etablierte Zertifizierungen und Standards auf, die nach Ansicht der LMA zur Bestimmung des „grünen Faktors“ einer bestimmten Immobilie dienen können, unterteilt in Zertifizierungen auf Unternehmens-/Fondsebene (wie die Angleichung an die EU-Taxonomie [Verordnung (EU) 2020/852 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2020
über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen und zur Änderung
der Verordnung (EU) 2019/2088]), Design basierende Zertifizierungen, Zertifizierungen für Sanierungen & Ausstattung und in Zertifizierungen und Offenlegungsrichtlinien währen der Nutzung der Immobilie.

Retrofit Projects - Finanzierung von Gebäudesanierungen

Die LMA-Finanzierungsrichtlinie für Gebäudesanierungen honoriert zunächst die speziellen Chancen und Kernfaktoren, die sich im Zusammenhang mit Sanierungsprojekten auf dem Immobilienmarkt ergeben, insbesondere die Finanzierung von Sanierungsmaßnahmen als praktikable Alternative zum Abriss und Ersatz von Gebäuden, die in Anbetracht ihrer carbon footprint regelmäßig einen weniger nachhaltigkeitsfreundlichen Ansatz darstellt.

Unter Betonung der Tatsache, dass förderfähige Sanierungsprojekte „zu einer wesentlichen Verbesserung der Energieeffizienz des Gebäudes und zu einer wesentlichen Verringerung der mit dem Gebäude verbundenen Kohlenstoffdioxydemissionen führen müssen“, zählt diese Leitlinie der LMA demonstrativ die folgenden Kategorien auf, die als Ausgangspunkt für Kreditgeber und Kreditnehmer bei der Entwicklung „grüner Kriterien“ dienen können:

  • Grundlegende Effizienzmaßnahmen (Zuglufthemmung, generelle Isolierung, etc)
  • Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz (Doppelverglasung, Wandisolierung, energieeffiziente Türen, etc)
  • Maßnahmen im Zusammenhang mit der Beheizung (Luft/Boden-Wärmequellenpumpen, etc)
  • Energiegewinnung (Wind- oder Solarenergiegewinnung, Inanspruchnahme von Fernwärme, etc)
  • Maßnahmen zur Resilienz (Hochwasser-/Wärmewellenbeständigkeitsprodukte, etc)

Zertifizierungen und Standards, die in den Green Building Finance Leitlinien erwähnt sind, sind grundsätzlich auch für Sanierungsprojekte anwendbar. Darüber hinaus verweist die LMA auf spezifische Standards und Zertifizierungen, die für Nachrüstungsprojekte entwickelt wurden, wie z.B. das BREEM Refurbishment and Fit-Out Rating, RICS SKA, PAS 2035, Passivhaus- und EnerPHit Standards und TrustMark.

Ausblick

Während Finanzinstitutionen und professionelle Kreditnehmer derzeit dazu tendieren, den „green Factor“ von Immobilienprojekten von Fall zu Fall zu beurteilen oder ihre eigenen „allgemeinen“ Rahmenbedingungen und Förderkriterien für grüne Finanzierungen entwickelt haben, sind die Richtlinien der LMA für grüne Gebäude und Nachrüstungsprojekte ein weiteres Puzzleteil auf dem Markt für grüne Finanzierungen, das allgemeine Standards festlegt, die dazu beitragen, Vertrauen in den Markt (und die Quellen) für grüne Investitionen zu schaffen und ihn damit zu erweitern. Die Anwendung allgemein anerkannter Standards wird auch für die Frage der Refinanzierungsfähigkeit von grünen Immobilienprojekt-Finanzierungen ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein.

AutorIn

Florian Kranebitter

Partner